Rede des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch
anlässlich der Eröffnung des Herz-Lungen-Zentrums
der Kerckhoff-Klinik
Bad Nauheim, 21. November 2007
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, Herr Bürgermeister, Herr Kreisbeigeordneter, verehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Hauses und alle, die so freundlich waren, diesem wichtigen Ereignis heute hier Beachtung zu schenken!
Ich freue mich sehr, hier bei einem weiteren großartigen Entwicklungsschritt dabei sein zu können. Erstens, um all denjenigen Dank zu sagen, die in den letzten Jahren daran mitgearbeitet haben. Aber auch zweitens, um ein Stück weit öffentlich zur Geltung zu bringen, dass wir längst aus einer Phase heraus sind, in der wir versuchen zu verteidigen, was entstanden ist. Stattdessen haben wir hier nun die Chance, anderen zu demonstrieren, wie Maßstäbe gesetzt werden.
Die heutige Eröffnung des Herz-Lungen-Zentrums ist eine durchaus nicht unwichtige Zäsur bei der Beantwortung der Frage, ob es eine ausreichende Sicherheit gibt, dass auch in Zukunft noch an diesem Standort im medizinischen Bereich geforscht und gearbeitet werden kann. Meine Erfahrung – über all die Jahre, die ich nun das Vergnügen und die Aufgabe habe, mich mit solchen Fragen zu beschäftigen – ist, dass wir gerade im Bereich der medizinischen Wissenschaften, der Organisation von Krankenhäusern und all den sonstigen dazu notwendigen Einrichtungen immer zwischen Hoffen, Bangen, Verzweifeln und Neuanfangen hin- und hergerissen sind. Als ich vor neun Jahren das Amt des Ministerpräsidenten antrat, kamen meine damalige Wissenschaftsministerin Ruth Wagner und Menschen wie der frühere Hessische Sozialminister Armin Claus, die sich seit vielen Jahren damit befassen, mit dem Hinweis, dass es eine ernsthafte Gefahr gebe, dass das Max-Planck-Institut hier nicht zu halten sei – man müsse das bestehende Konzept vielleicht einmal überdenken. Schließlich sei es ja allgemein schwer zu erklären, so die damals geäußerten Bedenken, warum ein solches Institut ausgerechnet an einem Standort existiere, an dem es nicht einmal eine Universität gebe.
Inzwischen hat sich an diesem Standort jedoch eine neue Philosophie, ein neues Denken durchgesetzt. Diejenigen, die sich intensiver mit der Thematik auseinandersetzen, haben inzwischen erkannt, dass es ja durchaus auch eine ganz spannende Sache sein kann, wenn ein Max-Planck-Institut nicht unmittelbar an einer Universität, sondern räumlich zwischen zwei Universitäten angesiedelt ist. Wenn man diese Kompetenzen dann auch noch mit den Potenzialen und Entwicklungschancen verbindet, die sich aus der fachlichen Tradition an diesem Wissenschaftsstandort ergeben, dann kann hier gegenüber Instituten an klassischen Universitätsstandorten durchaus ein deutlicher Mehrwert entstehen.
Wer sich heute die Geschichte der Elite-Universitäten, Exzellenzcluster und Graduiertenschulen anschaut, der wird feststellen, dass es einen sehr unmittelbaren geographischen Zusammenhang zwischen der Präsenz von Max-Planck-Instituten und den Gewinnern der jetzt ausgeschriebenen Exzellenz-Wettbewerbe gibt. Es gehört eben zu den Besonderheiten der deutschen Wissenschaftslandschaft, dass Spitzenforschung zu einem nicht unerheblichen Teil in Sondereinheiten der außeruniversitären Forschung konzentriert ist. Viele Kollegen in anderen Teilen der Welt verstehen gar nicht, was wir dort machen. Man kann auch Bücher darüber schreiben, ob man das so machen muss. Aber wenn man es so macht, muss man versuchen, darin das richtige Ausmaß an Entwicklungspotenzialen zu finden. Wenn es uns nicht gelungen wäre, diese Grundvoraussetzung zu schaffen, dass dieses Max-Planck-Institut sozusagen eine neue Gestalt annimmt und hier ein wichtiger Kernbereich entsteht, hätten wir kaum eine Chance gehabt, in solche Sphären von Exzellenz vorzudringen – bei allem Respekt vor denjenigen, die daran notwendigerweise mitwirken –, weil Exzellenz eben nicht nur aus handelnden Personen besteht, sondern auch aus institutionellen Säulen. In der wissenschaftlichen Debatte unserer Zeit ist es häufig schwierig, diese beiden Elemente voneinander zu trennen, denn sehr vieles an Spitzenmedizin, an Spitzenwissenschaft, wo immer sie sonst geschieht, ist extrem personengebunden und kann sich schnell bewegen. Und in einer hochkomplexen Welt bewegt sie sich immer dorthin, wo auch die besten Möglichkeiten zum Weiterkommen bestehen. Wir leben hier in einer Gegend, in die viele Leute hinkommen, weil wir verkehrstechnisch gut aufgestellt sind. Das birgt aber auch ein großes Risiko, denn es gibt eben auch einige für uns durchaus ebenbürtige Mitspieler auf der Welt. Diese sind meistens nicht unsere Nachbarn, sondern wir befinden uns da in einem Wettbewerb, der sehr europäisch und sehr international ist.
Für eine Region wie Mittelhessen, die eine außergewöhnlich hohe Dichte an Forschung, an wissenschaftlichem und akademischem Personal, aber insbesondere auch eine außerordentlich hohe Kompetenz im Bereich der Medizin hat, stellt sich die Frage, ob man in einem solchen Wettbewerb alles Vorherige vergessen muss, weil es Vergangenheit war, und Neues erarbeiten muss, damit man eine Zukunft hat – oder ob man es schaffen kann, in Kenntnis seiner Tradition aus den vorhandenen Institutionen etwas zu machen und daraus eine Kernkompetenz für die Menschen, für die Arbeit, für die Versorgung in der Region zu entwickeln. Dies ist eine extrem entscheidende Frage. Wenn wir deshalb heute hier in Bad Nauheim auf diesem Campus stehen, dann ist eines der Dinge, die man verbindlich sagen kann: Das Risiko, dass dieser Medizinstandort nur noch zur Vergangenheit gehört, dass er eine lange, schwierige Zeit der Abwicklung erleben muss und immer mehr an Bedeutung verliert – dieses Risiko ist für mindestens eine Generation gebannt. Wenn man in dieser Generation alles falsch macht, kann das Risiko wieder entstehen. Aber es ist zunächst einmal gebannt. Jeder, der im Augenblick hier vorbeikommt, sieht die Baustellen; er sieht, dass hier etwas an Anerkennung, Kompetenz und wirtschaftlicher Wertschöpfung zunimmt. Das ist für all diejenigen, die im vergangenen Jahrzehnt daran mitgewirkt haben, eine spannende Bilanz – und eine gute Eintrittskarte für die Zukunft.
Wenn man hier über Ängste und Sorgen redet, geht es ja nicht um etwas Abstraktes, sondern Sorgen sind immer sehr konkret. Eine dieser Sorgen beruht auf der Vielzahl unterschiedlicher Anbieter von medizinischen Dienstleistungen, verbunden mit der Gefahr von Überkapazitäten. Wie man an der Anwesenheit der Staatssekretäre heute hier sieht, ist auch das Land Hessen damit befasst, manches über den sozial- und finanzpolitischen Bereich hinaus zu managen und in eine sehr attraktive unternehmerische Konzeption einzubinden. Das ist nicht die originäre Aufgabe des Landes – wir müssen das nicht an jeder Stelle tun –, aber es ist gut, dass wir etwas davon verstehen. Es ist auch gut, dass wir dies gelegentlich selbst mit erleiden. Aber es ist nicht unsere Absicht, dies zu monopolisieren. Stattdessen muss uns klar sein, dass unsere Aufgabe darin besteht, die medizinische Betreuung der Bürgerinnen und Bürger in ein sehr kompliziertes Netzwerk einzubinden, in dem es viele unabhängige Träger gibt. Diese sehen alle zunächst einmal ihre eigene Bilanz. Zu ihren Aufgaben gehört nicht zuletzt, dafür zu sorgen, dass sie irgendwie mit den vorhandenen Krankenkassenbeiträgen zurechtkommen, was eine Herausforderung ist. Wir befinden uns bei der Finanzierung der Krankenhäuser nach wie vor in einer Situation, bei der es berechtigten Anlass zum Zweifeln gibt, ob diese Finanzierung ausreicht, die Zukunft zu sichern. Man kann nicht Budgets auf Null stellen und zugleich die Gehälter erhöhen. Das wird nicht lange gut gehen. Das heißt, wir werden an dieser Stelle noch mit nicht unerheblichem Zwängen und Veränderungen leben müssen, die nichts damit zu tun haben, ob einer eine bessere oder schlechtere Medizin gemacht hat. Sondern sie haben zunächst einmal damit zu tun, dass wir diese Medizin sicherstellen – für alle Bürger, unabhängig davon, welche Möglichkeiten sie haben, selbst etwas hinzuzuzahlen.
Unter dieser Voraussetzung wird natürlich jede Maßnahme beäugt: Dient sie am Ende einer Erweiterung des Marktes? Je besser ein Doktor wirbt, umso kränker werden die Leute. Das ist ja durchaus eine, jedenfalls in der kassennahen politischen Debatte, häufig gehörte These. Wir sind hier in dieser Klinik ein Stück weit vor diesem Vorwurf gefeit, denn er gilt eher für die Grippe als für den Lungenkrebs. Trotzdem stellt sich die Frage: Schaffe ich Doppelungen, wenn ich vorhandene, sehr teure Kapazitäten mehrfach vorhalte? Laste ich sie genug aus? Wenn ich aber darauf dränge, dass die Kapazitäten nur an wenigen Orten vorgehalten werden, verlieren dann andere an Attraktivität? Ist ein Krankenhaus nur gut, wenn es alles anbietet? Kann ein Krankenhaus überleben, wenn es Patienten in schwierigeren Fällen immer woanders hin verlegt? Ist dies eine Unfähigkeitserklärung? Das war es jedenfalls in der Vergangenheit. Oder stellen das Abgeben an den richtigen Spezialisten zur richtigen Zeit sowie anschließend das schnellstmögliche Rückholen in die regionale Umgebung nicht sogar eine Kompetenz dar? Diesen Streit haben wir in Deutschland noch nicht abschließend ausgetragen. In Amerika hat man diese Debatte schon vor 20 Jahren abgehakt, aber in Deutschland ist sie noch nicht ausgefochten. Sie ruft hierzulande noch immer Emotionen, Existenzängste und Definitionsprobleme bei kommunalen Trägern, bei freien gemeinnützigen Trägern, sowie durchaus auch bei den Imagestrukturen der großen, inzwischen international organisierten Medizinanbieter hervor. Was wir hier in Mittelhessen machen, ist der Versuch zu beweisen, dass es geht – was ein relativ hohes Commitment ist, auch für die Politik. Wir schaffen Netzwerkstrukturen, und zwar nicht irgendwo, sondern in unmittelbarer Nachbarschaft, nach Gießen, Marburg und Frankfurt; nicht ausschließend, dass Wiesbaden schon wieder vor den Toren der Universitätsklinik in Mainz liegt und die dortigen Einrichtungen ebenfalls miteinander in Netzwerken kooperieren. Wir müssen beweisen, dass wir fähig sind, uns in diesem Netzwerk zu bewegen. Neben der Tatsache, dass wir hoffentlich Spitzenkräfte berufen, die medizinisch am „High End“ der jeweiligen Entwicklung ihres Fachbereichs stehen, sehe ich darin unsere zweite strukturelle Aufgabe. Und ich will mich bei allen bedanken, die bereits daran mitwirken. Zumal ja auch die Bereitschaft, heute schon hier zu sein, ein Stück Vertrauensvorschuss ist – ein wechselseitiger Vertrauensvorschuss, der notwendig ist, damit das gesamte Projekt am Ende funktioniert.
Am Ende gibt es natürlich je ein eigenes ökonomisches Interesse, das jeder heute haben muss. Keinem ist es mehr erlaubt – auch keinem öffentlich-rechtlichen Krankenhaus darf es auf Dauer erlaubt sein –, Defizite zu produzieren. Es gehört zu den liebgewonnenen Klischees, dass private Unternehmen Gewinne machen müssen und ein privates Krankenhaus deshalb anders denkt als eine Universitätsklinik der öffentlichen Hand. Das geht vielleicht eine Zeitlang gut; bis uns die EU-Kommission nach vier, fünf Jahren ein Verfahren wegen unzulässiger Beihilfen androht. Denn wenn ein Privater kostendeckend arbeiten kann, darf ein Staat zu einer bestimmten Dienstleistung keinen Zuschuss mehr zahlen. Und damit wären im Augenblick alle staatlichen Universitätskliniken in Deutschland illegale Beihilfeempfänger. Das muss man nicht an jeder Stelle erwähnen. Aber Politiker, die nicht wenigstens versuchen, mit diesen Defiziten fertig zu werden, wären unfähige Figuren. Und deshalb ist die Herausforderung für öffentliche wie private Klinikumsbetreiber relativ gleich. Jeder macht sich seine Sorgen unter den Gesichtspunkten: Habe ich genügend fachliche Kompetenz im Haus, um damit Patienten anziehen zu können? Und verfüge ich über genug Patienten, um meine Einrichtung damit auszulasten?
Wir werden dies nur schaffen, wenn wir ein hinreichendes Verständnis für Wettbewerb und Zusammenarbeit entwickeln. Nach diesem Verständnis müssen alle mit ihrer jeweiligen Selbstdefinition leben können; was bedeutet, dass nicht alle dasselbe wollen dürfen, aber niemand verbindlich vorschreiben kann – ich glaube am Ende auch nicht die Krankenkassen, obwohl sie dabei die größte Rolle spielen –, was der Einzelne als sein Profil haben muss. Auch die Kassen wären überfordert, wenn sie glaubten, die Medizinlandschaft besser organisieren zu können als ein solches Netzwerk. Und mache Aktivitäten der Krankenkassen in den Verhandlungen mit den Krankenhäusern sind auch Akte der Verzweiflung. Deshalb ist es notwendig, ihnen eine Logik anzubieten, aus der heraus das System funktionieren kann. Dazu gehört eine optimale ortsnahe Versorgung von Patienten in Krankenhäusern, zu denen die Verwandten und Angehörigen nicht endlos fahren müssen. Dazu gehört wahrscheinlich ein anderes Verhältnis von ambulanter und stationärer Versorgung, als wir es früher hatten und wie es die heutigen Gesetze ja schon vorsehen. Und dazu gehört der Respekt vor spezieller Fachexzellenz. Man muss sie nicht mehr überall vorhalten, sondern man muss nachweisen, wie man mit ihr vernetzt ist und wo der örtliche Experte sitzt. Jeder in jedem lokalen Krankenhaus eingelieferte Patient hat das Recht, dass es eine Kette gibt, die ihn in seinem speziellen Fall zu einem der besten Kenner dieses speziellen Problems auf der Welt führt. Wo das ist – darüber zu entscheiden, ist der Job der Medizinorganisation. Das geht den Patienten im Zweifel nichts an. Er wird es nie beurteilen können. Für ihn ist nur wichtig: Wie ist das Angebot insgesamt gestaltet, damit das Krankenhaus der regionalen Versorgung für den Patienten nicht zur Sackgasse wird, sondern zur Eingangstür? Es muss ein Vertrauen dahingehend geben, dass diejenigen, die hinter den Krankenhausmauern Entscheidungen fällen, eine Fähigkeit haben, ihre Existenz dadurch zu sichern, dass sie sich öffnen und nicht abschotten. Die Frage ist, ob wir es schaffen, dass die verschiedenen Akteure zusammenfinden. Das versuchen wir hier. Mit den bescheidenen Möglichkeiten einer Region, mit den bescheidenen Ansprüchen einer Fachdisziplin. Aber mit der ausgesprochen ambitiösen Situation, den privaten Betreiber, die freien gemeinnützigen Betreiber und die staatlichen Träger gegenseitig so dicht beieinander zu haben, wie dies wahrscheinlich nirgendwo sonst in Deutschland vergleichbar ist.
Wir schaffen hier die denkbar größte Dichte an Kooperationsdruck und Wettbewerbsherausforderung. Und es spricht vieles dafür, dass dies mehr zum Gewinn aller Beteiligten führt als zu irgendetwas Anderem. Aber wir alle müssen – das will ich auch für das Land Hessen sagen – geduldig bleiben und dürfen den jeweils anderen nicht erdrücken wollen. Ich weiß, dass das nicht einfach ist. Wir müssen beweisen, dass die Privatisierung des Klinikkomplexes in Gießen und Marburg eine klassische Gewinnersituation für alle werden kann – vor allem für die Patienten, aber auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die gerade hier in Mittelhessen hervorragende Perspektiven im medizinischen Bereich haben. Neben all den Spezialisten, die es an diesem Ort bereits gibt, kommen nun noch zwei weitere Bereiche verstärkt hinzu: Die vielen neuen Bauten, die hier entstehen, bieten riesige Chancen zum Einen für die Forschung, zum Anderen aber auch für die Unterbringung von Patienten. Dadurch wird dieses Zentrum weiter aufleben. Und es wird dann eben andererseits auch Aufgaben geben, die hier am Klinikum im Einzelnen nicht mehr bewältigt werden können, sondern bei denen die hiesigen Ärzte sagen: „Davon verstehen die Kollegen in Frankfurt, Gießen, Marburg, Mainz, Heidelberg, München – oder wo auch immer dann die jeweiligen Netzwerkpartner angesiedelt sind – mehr als wir.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wünsche Ihnen, dass es viele Kollegen und Kooperationspartner geben wird, die die Gelassenheit und die Größe besitzen, an ein solches Netzwerk zu denken. Und ich wünsche Ihnen, durchaus hier in einem der Zentren dieses vielfältigen Netzwerks, dass Sie selbst die Gelassenheit und den Respekt behalten, um zu wissen, dass Sie nur ein Teil des Netzwerks sind. Wenn dieses Denken gemeinsam entsteht, dann haben wir eine Basis, damit das gelingt, was vor neun Jahren erstmals andiskutiert worden ist. Bis zur Verwirklichung der Vision ist es dann immer noch ein langer Weg. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung steht die Frage, wodurch eine Region wie Mittelhessen den Kern ihrer Wertschöpfung definieren kann – wie andere dies in der Automobilindustrie, in der Finanzindustrie oder in völlig anderen Bereichen tun. Hier in Mittelhessen ist es das weite Feld der Medizin, der Medizinwirtschaft, der Medizintechnik, der Ausbildung in medizinischen Berufen. Das ist das, worin wir unsere Chance sehen, weil wir darin über mehr verfügen als andere: Weil wir mehr Menschen haben als andere, die auf diesem Gebiet arbeiten; weil wir darin über eine längere Geschichte und Tradition verfügen; weil wir im Augenblick eine größere Vielfalt an Anbietern und nicht zuletzt auch eine große Anzahl sehr ambitionierter Mitstreiter haben. Diese chancenreiche Zeit müssen wir nutzen. Sie bleibt nicht ewig – es ist ein schmales Fenster. Deshalb eilt dort auch vieles. Und ich wünsche, dass alle, die sich auf den Weg machen, wissen, dass eines nicht erlaubt ist: gegenseitiges Blockieren.
Wir haben in dieser Gesellschaft unglaublich viele Zeitgenossen, die an unglaublich vielen Stellen wissen, warum etwas nicht geht. Damit endlich etwas geht, müssen diese Leute weniger Macht bekommen. Das kann man nur schaffen, indem man den visionären Druck so stark erhöht, dass sie sich am Ende nicht mehr trauen, das „Warum-es-nicht-geht“ zu formulieren – ohne nicht wenigstens hilfsweise zu erklären, wie man es ihrer Meinung nach denn bewerkstelligen könnte, dass es geht. Darin muss ein Minimum an Kultur bestehen, welches wir gemeinsam miteinander zu pflegen haben. Und auf Sie, meine Damen und Herren, werden im nächsten Jahr noch viele dieser Treffen, an den verschiedensten Stellen, zukommen. Wir als Politiker werden ganz vorne mit dabei sein. Und wir müssen dann ebenfalls sagen, was geht – und nicht nur sagen, was irgendwo nicht geht. Ich glaube sagen zu können, dass ich hier in den letzten Jahren viele Leute getroffen habe, denen ich zutraue, dass sie diesen visionären Druck aufbauen können. Ich verstehe nichts davon, wie man operiert oder wie man feststellt, wann man operieren muss. Das können andere besser. Meine Verantwortung liegt mit anderen zusammen darin, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Sie arbeiten können. Ich hoffe sehr, dass wir hier etwas getan haben, um diese Rahmenbedingungen ein Stück für alle Beteiligten zu verbessern. Und jetzt sind wir ein bisschen darauf angewiesen, dass Sie Glück haben mit dem, wie Sie es vorhaben, aber dass Sie auch den Mut, die Nerven, die Ausdauer und die Courage besitzen, das alles zur Wirklichkeit werden zu lassen, was Sie als Idee vorhaben.
Dann kann Bad Nauheim, kann Mittelhessen durchaus ein Platz sein, an dem viele – nicht nur aus Deutschland, sondern auch darüber hinaus – sich anschauen werden, wie man jenseits des amerikanischen Kontinents es so organisieren kann, dass die Medizin in einer Weise zu den Menschen kommt, dass am Ende das Netzwerk die Antworten gebiert und man nicht hinter den Antworten herlaufen muss. Das ist etwas, was man den Menschen meiner Meinung nach schuldig ist, wenn man eine gute medizinische Versorgung organisieren will. In diesem Sinne: Viel Erfolg! Vielen Dank für alles, was vorbereitet worden ist! Machen Sie bloß weiter so!
Danke.