Koch: „Ja, wir verlangen wieder mehr in der Schule“
Hessens Ministerpräsident Roland Koch im Interview mit dem Hanauer Anzeiger
FLUGHAFENAUSBAU
Hanauer Anzeiger: Das brennendste Thema der Region zum Start: Die Diskussion um das Nachtflugverbot im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau schlägt hohe Wellen. Kippt das Verbot oder bleibt es dabei?
Koch: Wir befinden uns jetzt in der Schlussphase des Genehmigungsverfahrens, was durchaus eine beachtliche Leistung ist. Die Verfahrensdauer bei Großprojekten in Deutschland ist zu lang, aber unser Flughafenverfahren ist dennoch eines der kürzesten Genehmigungsverfahren, die es bei solchen Vorhaben in Deutschland bisher gegeben hat. Es hängen unglaublich viele Arbeitsplätze an der neuen Landebahn. Gleichzeitig haben wir uns verpflichtet, die Ausweitung nur zu realisieren, wenn auch auf die Bevölkerung Rücksicht genommen wird. Das Mediationsergebnis, wie es jetzt auch im Regionalen Dialogforum diskutiert worden ist, hat deshalb für uns Bestand. Dazu gehört auch das Nachtflugverbot. Es ist übrigens schon viel geschehen in den letzten Jahren. Der Nachtpoststern ist weg, die amerikanischen Galaxys sind raus, Baumaßnahmen für Hunderte von Millionen Euro haben die Belastungen reduziert. Es gibt heute einen großen Konsens, dass eigentlich nur noch über die Frage diskutiert wird, inwieweit es einige wenige Ausnahmen für den Frachtflug geben muss, um das Nachtflugverbot gerichtsfest zu halten.
Hanauer Anzeiger: Was heißt „gerichtsfest“?
Koch: Wir kennen das ja auch von anderen Verboten. Wenn auf der Straße steht `Durchfahrt verboten‘, gibt’s manchmal einen, der dahinter liegt. Und wenn man den Einzelnen nicht durchlässt, muss man per Gerichtsbeschluss möglicherweise das Schild wieder ganz abschrauben. Dann kann es besser sein, einen durchzulassen, als das ganze Verbot zu verlieren. Auch bei anderen Verboten gibt es immer Ausnahmeregeln – zuletzt beim Rauchverbot für Bewohner in Altenheimen. Politisch bequemer wäre es natürlich, die Maximalforderung ’null Flieger nachts‘ zu propagieren. Aber wenn dann zwei Jahre später das Bundesverwaltungsgericht das ganze Verbot kippt, ist nichts gewonnen. Ich glaube, der allein zuständige Wirtschaftsminister geht hier einen sehr soliden Weg. Das Nachtflugverbot selbst muss in seiner Substanz erhalten bleiben, auch wenn es Ausnahmen gibt. Das heißt aber, solch hohe Ausnahmezahlen, wie sie sich etwa die Lufthansa erhofft, wird es nach meiner Einschätzung eher nicht geben.
Hanauer Anzeiger: Bisher sind die Fraport-Planungen ja offenbar sehr solide und sattelfest gewesen, wenn man an die Ergebnisse der Gerichtsverfahren, etwa im Rahmen des Baus der A3BO-Halle, denkt. Setzen Sie auf eine Fortsetzung dieser aus Sicht der Fraport recht erfolgreichen Linie?
Koch: Der Wirtschaftsminister, der die Entscheidungen in eigener Zuständigkeit seiner Behörde trifft, hat bisher eine sehr gute Bilanz vorzuweisen. Die Entscheidungen sind mit Augenmaß getroffen worden und haben auch vor den Gerichten gehalten. Und ich bin sehr sicher, dass Alois Rhiel diesen erfolgreichen Weg weiter geht. Wir haben ja hier viele Fortschritte erreicht, die nicht mehr zur Disposition stehen. Als ich als Aufsichtsratsvorsitzender der Fraport mit dafür gesorgt habe, dass das Unternehmen selbst ein Nachtflugverbot beantragt, hieß es ja noch, dass so ein Nachtflugverbot gar nicht möglich ist. Man glaubte, das nur in Kombination mit dem Flughafen Hahn überhaupt durchsetzen zu können. Inzwischen hat das Bundesverwaltungsgericht für die Flughäfen Leipzig und Berlin entschieden, dass so etwas prinzipiell doch möglich ist. So sind wir heute zwar weiter dabei, ein Flughafensystem mit Hahn hinzubekommen, aber wir können viel entspannter darüber reden. Wir haben viele Mosaiksteine hintereinander abgeräumt, alles im Rahmen dessen, was wir zugesagt haben. Und das muss am Ende beim Nachtflugverbot auch geschehen. Aber wie gesagt, es kann sein, dass es eine schmale Größe von Ausnahmen geben muss, die, wenn man sie nicht zulässt, das ganze Projekt gefährden. Und das ist im Interesse der Region und von zehntausenden neuen Arbeitsplätzen durch die neue Landebahn sicher nicht zu verantworten.
TRANSRAPID NACH HAHN
Hanauer Anzeiger: Stichwort Hahn: Nach den Entscheidungen in München zum Thema Transrapid ist auch im Rhein-Main-Gebiet die Frage einer Transrapid-Verbindung zwischen den beiden Flughäfen Frankfurt und Hahn wieder aktuell geworden. Sie waren immer dafür, haben aber gegen eine „Kurzstrecke“ votiert. Wie sehen Sie den aktuellen Stand?
Koch: Das ist kein kurzfristiges Projekt. Ich kenne die finanziellen Rahmenbedingungen. Für eine richtige strategische Entscheidung ist diese Strecke zu kurz. Da muss man in der Tat mindestens bis Luxemburg denken. Aber es geht hier eben auch um verflixt viel Geld. Wir sehen, dass weder der Bund noch die Industrie bereit sind, da große Summen hineinzustecken. Ministerpräsident Kurt Beck in Rheinland-Pfalz und mich beschäftigt im Augenblick mehr, dass wir bei der Verbindung zum Flughafen Hahn keine Zeit zu verlieren haben. Die EU-Linie ist klar: Das Flughafensystem Frankfurt-Hahn- kann ab dem Zeitpunkt wirken, ab dem die Verkehrsverbindung zufrieden stellend ist. Deshalb haben wir ja jetzt zusammen – Rheinland-Pfalz, Hessen und die Bahn – ein mehr als 100 Millionen Euro schweres Investitionsprogramm auf den Weg gebracht. Damit bekommen wir einen guten Anschluss mit konventioneller Technik, also Straße und Rad-Schiene. Wenn wir jetzt nur auf den Transrapid setzen würden, würden wir auf Jahre den Ausbau der Verbindung stoppen. Sollten wir andererseits in einigen Jahren den Transrapid doch noch bekommen – ein Projekt, das rund vier bis fünf Milliarden kosten dürfte – dann wären die jetzigen 100 Millionen Euro zu verschmerzen. Umgekehrt wäre es eine Katastrophe, wenn wir in der Hoffnung, der Transrapid komme irgendwann, nichts tun, zuwarten und die Chance, die sich aus der Verknüpfung der beiden Flughäfen ergibt, jetzt nicht nutzen.
Hanauer Anzeiger: Grundsätzlich stehen Sie aber weiter zur Transrapid-Technik?
Koch: Ich persönlich empfinde es als unglaublich wichtig, dass wir den Transrapid endlich an einer Stelle in Deutschland zum Laufen bringen. Es ist ein ziemlicher Jammer, dass wir so behäbig mit unseren Fähigkeiten umgehen. Der Transrapid müsste seit einem Jahrzehnt fahren. Ich glaube, man sollte nicht unterschätzen, dass die Welt sehr genau beobachtet, wie ernst wir es mit unseren Technologien meinen, wenn wir sie exportieren wollen. Und deshalb ist der Wert für München nicht unerheblich, in so kurzer Zeit den Flughafen praktisch in die Innenstadt zu ziehen. Das ist eine Qualitätsverbesserung bei einem Flughafen, der ja nicht wie in Frankfurt nahe an der Stadt ist. Aber es ist vor allem auch ein Vorteil für den Technologiestandort Deutschland und übrigens auch für Hessen, weil dieser Transrapid ja zum größten Teil in Kassel gebaut wird. Wir schauen auch, ob daraus ein industrieller Kern entstehen kann. Deshalb ist das Projekt auch für uns sehr, sehr wünschenswert und ich hoffe, dass die bayerischen Kollegen und die Industrie das zusammen hinbekommen.
BÜROKRATIEABBAU
Hanauer Anzeiger: Der Transrapid ist ja eines der – manche sagen unangenehmen –Abschiedsgeschenke von Herrn Stoiber an seine Nachfolger. Ihr Nachbar verlässt jetzt den Dienst, aber Sie werden wohl auch weiterhin mit ihm zu tun haben, wenn er sich künftig um den Bürokratieabbau in Brüssel kümmert. Eine gute Entscheidung?
Koch: Wir hoffen sehr, dass er Erfolg hat. Edmund Stoiber ist ein ausgezeichneter und verwaltungserfahrener Politiker. Jemandem mit dieser Autorität und Erfahrung, aber durchaus auch mit einer Art Sendungsbewusstsein, könnte es gelingen, das Thema Bürokratieabbau in der EU stärker in den Vordergrund zu stellen. Das ist nicht einfach, aber bitter notwendig. Diese Bürokratie in Brüssel ist ja eine sehr schwer aus ihrer Trägheit herauszubringende Struktur. Das sind ja nicht einzelne wenige Menschen, die unwillig sind, sondern es sind 27 verschiedene Länder mit all ihren Lobbyisten und Interessen und jeweiligen Wahltagen und anderen Problemen. Das ist kompliziert. Und wenn da mal etwas aufgeschrieben ist und Bürokratie sich entfaltet, ist es unendlich schwierig, das wieder zurückzudrehen. Da braucht man sehr viel Kraft und Dynamik. Ich glaube, es war ein kluger Schachzug von EU-Kommissionspräsident Barroso, dafür Edmund Stoiber zu gewinnen.
SCHULPOLITIK
Hanauer Anzeiger: Zurück nach Hessen, Thema Schulpolitik: Beim letzten Landtagswahlkampf war dies eher ein großes Plus für Ihre Regierung, mit dem Sie gepunktet haben. Zur Zeit entsteht aber der Eindruck, dass die Kritik eher überwiegt. Wie kommt das?
Koch: Die Bildungspolitik steht aus vielen Gründen heute heftiger im Streit als noch vor ein paar Jahren. Das hängt sicher auch mit der für Deutschland nicht sehr erfreulichen PISA-Studie und der damit gestiegenen Sensibilität von Eltern und Betroffenen zusammen. Das Thema wird in Hessen vor der Landtagswahl wahrscheinlich mehr als ein Thema diskutiert werden, in dem es wieder um eher prinzipielle Schulfragen geht. Etwa auch um das gegliederte Schulsystem oder die Zwangseinheitsschule, die die SPD auf einmal wieder auf die Tagesordnung gesetzt hat. Aber in der Sache sind viele Themen, die früher Eltern geärgert haben, praktisch nicht mehr auf der Tagesordnung. Zum Beispiel, dass nicht alle Stunden, die im Lehrplan stehen, auch gegeben werden. Eltern, die heute ihre Kinder in die Grundschule schicken, kennen glücklicherweise das Problem gar nicht mehr. Wir reden nur noch über die Frage, ob von den Stunden, die auf dem Stundenplan stehen, auch alle erteilt werden können – und zwar auch dann, wenn ein Lehrer plötzlich von heute auf morgen krank wird. Und in dieser Frage haben wir ein Modell entwickelt, das inzwischen sicher in 80 oder 90 Prozent aller Fälle prima funktioniert. Ein System, das natürlich wie alles, was man neu einführt, bei einer solchen Riesenorganisation von über 2000 verschiedenen Schulen nicht überall gleichzeitig gut funktionieren kann. Aber nach einem Jahr bin ich sehr zufrieden. Interessanterweise haben dieses System unsere SPD-regierten rheinland-pfälzischen Nachbarn als Erste übernommen. Danach haben es auch die Berliner unter- dem SPD-Kollegen Wowereit eingeführt, die Bayern übernehmen es grade. Also: Es wird in Zukunft in Deutschland Standard werden, dass die Kinder nicht mehr früher nach Hause kommen oder später in die Schule gehen, weil eine Lehrkraft erkrankt ist.
Hanauer Anzeiger: Dennoch reißt die Diskussion nicht ab.
Koch: Außerhalb der ideologischen Versuche einer wahlkampfnahen SPD in Hessen ist das Thema inhaltlich völlig klar. Bei Ihnen hier im Hause ist es doch auch selbstverständlich, dass, wenn morgens ein Austräger der Zeitung krank wird, nicht die Lieferung der Zeitung komplett entfällt, sondern man versucht, das so gut wie möglich zu managen. Schule hat sich früher diesem Problem nie ernsthaft stellen können, weil es in der Vergangenheit ohnehin so viel Defizit und Ausfall gab, dass es darauf auch nicht mehr ankam und die Kinder einfach nach der vierten Stunde heimgeschickt wurden. Und jetzt sind wir dabei, die Unterrichtsversorgung auf 100 Prozent zu treiben. Jetzt können wir uns darum kümmern, wenn plötzlich aus Krankheitsgründen morgens fünf Stunden ausfallen, von denen man am Abend zuvor noch nichts wusste. Dass wir dafür keine hauptamtlichen Lehrer vorhalten können, die wochenlang auf einen Ausfall warten, ist offenkundig. Dennoch muss das Problem gelöst werden – kurzfristig auch provisorisch. Wir müssen sicherstellen, dass die Schüler nicht allein in der Klasse stehen oder nach Hause geschickt werden. Die Tatsache, dass in dieser Frage von interessierten Kreisen solche Unruhe erzeugt wurde, darf uns nicht täuschen. Nehmen Sie eine Umfrage des Hessischen Rundfunks: Rund 70 Prozent der Lehrer, Eltern und Schüler sagen dazu, dass das mit der Unterrichtsgarantie gut klappt.
Hanauer Anzeiger: Aber es ist ja nicht nur die Unterrichtsgarantie, die diskutiert wird. Schule ist insgesamt wieder zu einem großen Diskussionsthema gerade auch in Hessen geworden.
Koch: Das ist doch auch verständlich. Zu einem bekennen wir uns ganz klar: Ja, wir verlangen wieder mehr in der Schule. Zentrale Abschlüsse etwa, stärkere Forderung nach Leistung. Das hessische Schulsystem und unsere Schülerinnen und Schüler sollen leistungsstark sein. Natürlich erzeugt so ein Druck auch Widerstand und Unruhe. Nur, wenn man Schule qualitativ verbessern will, damit Kinder eine bessere Ausgangsposition haben, muss man dafür die Weichen stellen. Ich weiß, dass das Schiff im Augenblick ein bisschen vibriert, aber wir sagen den Eltern und Lehrern klar, dass wir hier Kurs halten. Hessen ist heute besser in der Leistung von Schule als noch vor Jahren. Gerade auch in den Bereichen, in denen wir uns mit jungen Menschen beschäftigen, die Schwächen haben oder vielleicht nicht so leistungsstark sind. Wir hatten, als Karin Wolff als Kultusministerin angefangen hat, fast 23 Prozent Hauptschüler ohne Abschluss. Heute sind es noch 13 Prozent. Das ist immer noch zu viel, aber eben viel, viel weniger als Ende der 90er Jahre. Wir müssen zum Beispiel das gesamte System in der Hauptschule umstellen, damit junge Menschen, die eher praktische Fähigkeiten haben, mehr Spaß und Erfolgserlebnisse in der Schule haben und nicht so lange von theoretischen Dingen traktiert werden, bis sie aussteigen. Da gibt es noch viel zu tun, was wir uns vorgenommen haben.
Hanauer Anzeiger: Sieht man von Schule ab, scheint es aber so, als würde es andere große, landesweit gültige Themen in diesem Landtagswahlkampf nicht geben.
Koch: Nun ja, es gibt auch spannende Themen, die offenbar einfach durch Erledigung und große Erfolge verloren gegangen sind. Nehmen Sie die Innere Sicherheit. In den vorherigen Wahlkämpfen war das teilweise ein riesiges Thema. Die Brisanz ist aus dem Bewusstsein der Hessen verschwunden, die Angst vor Kriminalität ist nicht mehr ein beherrschendes Problem. Kein Wunder, unter unserer Verantwortung ist zum Beispiel die Zahl der Wohnungseinbrüche um 48 Prozent zurückgegangen. Wir haben sie also praktisch halbiert. Wir müssen gelegentlich auch im Wahlkampf daran arbeiten, dass wir diese positiven Botschaften präsentieren, auch wenn die Bürger das innerlich vielleicht schon abgehakt haben. Was aber prinzipiell gut ist, weil es eine Folge von erfolgreicher Politik darstellt.
Hanauer Anzeiger: Bleiben also die Themen aus der Bundespolitik zum Streiten?
Koch: Natürlich geht es in Landtagswahlkämpfen nie alleine um die Landespolitik. Zu der Auseinandersetzung gehört immer auch ein Stück der nationale Rahmen. Bundesweit interessiert man sich sicher weniger dafür, ob wir Kriminalität erfolgreich bekämpfen und unsere Hauptschulen verbessern oder die SPD wieder eine Zwangseinheitsschule will, sondern mehr um die Frage ‚Kommt die Linkspartei in den Hessischen Landtag oder nicht?‘ Obwohl für die betroffenen Menschen wahrscheinlich die Schule genauso wichtig oder wichtiger ist als die Frage, wie sich die Parteienlandschaft organisiert. Sicher ist eine Landtagswahl auch ein Stück Zwischenzeugnis für das, was auf nationaler Ebene passiert. Das lädt so einen Landtagswahlkampf auch auf. Aber es bleibt vor allem die Chance einer Leistungsbeurteilung dessen, was die Landesregierung gemacht hat. Wichtiger ist jetzt, dass Umfragen ergeben, dass rund die Hälfte der Hessen derzeit noch gar nicht wissen, dass am 27. Januar überhaupt Landtagswahl ist. Das müssen wir ändern.
Hanauer Anzeiger: Sie haben das Stichwort bereits genannt, aber die Frage wäre sowieso gekommen: Kommt die Linkspartei Ihrer Meinung nach in den Landtag oder nicht? Nicht wenige Beobachter sehen dann Ihre Regierungszeit beendet. Jamaika ist wohl ausgeschlossen. Die Grünen mögen Sie nicht. Das hat Fraktionschef Tarik Al-Wazir gerade noch einmal öffentlich erklärt. Wenn aber die Linke in den Landtag kommt und die SPD – trotz aller gegenteiligen Beteuerungen doch mit der Linken koaliert – dann war’s das wohl für Sie.
Koch: Vorab erst einmal: 1,3 Millionen Menschen haben uns beim letzten Mal gewählt. Es gibt keinen Grund, warum die uns nicht wieder wählen sollten. Wenn die uns wieder wählen, dann müsste das zu einer eigenen Mehrheit reichen beziehungsweise zu einer Kooperation mit der FDP. Wenn es andersherum im Hessischen Landtag eine linke Mehrheit geben sollte, dann muss auch eine linke Mehrheit regieren. Ich mag es nicht, wenn Leute sich nach der Wahl darüber wundern, was sie gewählt haben. Man muss vorher offen darüber sprechen. Und da muss man wissen, dass die Gefahr eines Einzugs der Linkspartei und dann auch die Gefahr einer rotrot-grünen Mehrheit besteht. Das bloße Nichtwählen der Linkspartei von Einzelnen führt ja noch lange nicht dazu, dass sie nicht reinkommt. Da muss man eben aktiv andere wählen. Ich teile die Einschätzung, dass die SPD eine linke Mehrheit auch nutzen wird. Die SPD wird nicht mich unterstützen und wiederwählen, wenn es im Landtag eine linke Mehrheit geben sollte. Insofern muss diese Frage viele Menschen umtreiben vor der Wahl. Die Frage, ob sie wollen, dass die erfolgreiche bürgerliche Politik fortgesetzt wird. Ich glaube, dass es eine sehr stabile Mehrheit von Menschen in diesem Land gibt, die nicht wollen, dass die Alt-SED-getriebene neue Linkspartei auf einmal hessische Landespolitik mitgestaltet. Für ein wirtschafts- und finanzstarkes Land wie Hessen hätte das dramatische Auswirkungen.
Hanauer Anzeiger: Also die Landtagswahl als Grundsatzentscheidung. Etwa nach dem alten Motto „Freiheit oder Sozialismus“?
Koch: Ich bin überzeugt, dass sich die Menschen über die grundsätzliche Ausrichtung der Politik Gedanken machen werden. Das wird sehr viele, die in einzelnen Themen möglicherweise nicht glücklich mit Entscheidungen der großen Koalition in Berlin sind, mit der Frage beschäftigen, was ihnen grundsätzlich wichtig ist in Hessen. Das wird am Ende schon ein Thema sein und ich finde, man muss es in der Klarheit formulieren, wie Sie es gefragt haben. Ich will eine deutliche bürgerliche Mehrheit in Hessen, dafür gibt’s alle Chancen. Hessen ist aber bei den Wahlergebnissen immer eher ein ‚knappes Land‘, was dieses Land auch so spannend macht. Was sicher auch die Auseinandersetzung härter macht als anderswo. In Hessen sind die politischen Lager bei den Mehrheiten dicht beieinander. Und deshalb kann sich keiner erlauben, zu glauben, dass andere für ihn schon richtig entscheiden werden. In Hessen muss man selbst wählen gehen, wenn man etwas erreichen will.
Hanauer Anzeiger: Das hört sich alles verdammt stark nach einem bevorstehenden Richtungswahlkampfan.
Koch: Ich möchte, dass Menschen in einer Demokratie davon überzeugt sind, dass sie mit ihren Stimmen wirklich eine Macht haben. Der Sinn ihrer Stimme ist, dass sie eine Richtung vorgeben und nicht in einem Wirrwarr von Einzelthemen und Parteien sich etwas aussuchen, was sie gerne hätten. In der hessischen Landespolitik ist die Konstellation auch klarer. Im Gegensatz zu vielen kommunalen Parlamenten, wo wir mit den Grünen zusammenarbeiten, wissen wir auf Landesebene, dass mit Al-Wazir und seiner Fraktion eine Gemeinsamkeit nicht möglich ist. Und Frau Ypsilanti hat viele gemeinsame Vorstellungen mit den Grünen, wenn man das SPD-Programm liest. Und man muss sehen, dass die Linkspartei mit ihrem Programm ziemlich nah am SPD-Programm steht. Frau Ypsilanti hat die hessische SPD ja absichtlich sehr weit nach links geführt und der SPD-Parteitag hat dies ja auch gewollt – sonst hätte man Herrn Walter gewählt, den die Mitglieder an der SPD-Basis wollten. Wir haben es also mit einer ganz linken SPD nahe an der Linkspartei zu tun und mit einer grünen Partei, die auch in dem Spektrum der Grünen auf dieser Seite, der linken Seite steht. Und wenn diese drei Parteien im Landtag zusammen eine Mehrheit bekommen, dann hat das hessische Volk eben entschieden, dass sie auch regieren sollen. Das muss man dann als Wille des Wählers akzeptieren. Ich will, dass es diese rot-rot-grüne Mehrheit nicht gibt. Und deshalb rede ich sehr offen darüber, dass die Verantwortung klar beim Wähler liegt. Die Wähler entscheiden und dann wird die Politik aus dem Wahlergebnis die Konsequenzen ziehen und nicht umgekehrt.
Hanauer Anzeiger: Nochmals: Es wird also einen Richtungswahlkampf geben. Es wird am Ende links oder rechts heißen, „Freiheit oder Sozialismus“?
Koch: Ich finde, das ist durchaus eine kluge Zuspitzung. Ich weiß nicht, ob wir das am Ende genauso sagen werden. Aber natürlich ist diese Frage mit der Existenz der Linkspartei wieder sehr viel aktueller geworden. Das wirkt sich natürlich bis hin in die SPD aus, die jetzt wieder die Einheitsschule durchsetzen, also die Gymnasien, Real- und Hauptschulen abschaffen will. Insofern ist schon richtig, dass diese Landtagswahl viele starke Elemente einer Richtungswahl enthält. Frau Ypsilanti und Herr Al-Wazir stehen ja auch als Personen dafür ganz prototypisch. Eine Ypsilanti-Al-Wazir-Regierung, wenn es sie gäbe in diesem Land, hätte eine bestimmte Botschaft auch über Hessen hinaus, eine sehr linke Botschaft. Und ich glaube, darüber muss man offen reden, weil es keinen Sinn macht, dass die Analysten der Zeitungen das erst am Montag nach der Wahl diskutieren. Es ist klug, dass wir vorher darüber reden.
Hanauer Anzeiger: Worauf setzt dabei die CDU?
Koch: Unser Vorteil ist, dass wir den Bürgern ein Angebot machen können, das auf einer Leistungsbilanz aufbaut. Wir können sagen: Schaut, was wir gemacht haben. Wir regieren jetzt seit neun Jahren. Wir haben eine Geschichte und gezeigt, wo unsere Prioritäten sind. Das reicht von den Arbeitsplätzen am Flughafen, gegen deren Ausbau die Grünen immer noch sind, über die Frage der Bildungspolitik bis zur Inneren Sicherheit oder zur Finanzpolitik. Hessen steht im Ländervergleich klasse da. Und wir haben noch genug Ideen. Wir haben Ideen, wie man .viele, viele weitere Tausende von Arbeitsplätzen schafft. Wir haben noch Ideen, wie man moderne Infrastruktur schafft. Wir haben eine Idee, wie die Schule von morgen aussieht, die wir gestalten wollen. Und mit dem allen können wir gut gerüstet zur Wahl antreten. Und das kann der Bürger dann wählen oder ablehnen.
REGIONALKREIS RHEIN-MAIN
Hanauer Anzeiger: Landespolitik ist trotz der großen Themen immer auch Regionalpolitik. Sie haben sich bisher massiv für eine engere Kooperation im Rhein-Main-Gebiet eingesetzt und sich dabei auch viel Ärger eingehandelt, etwa in Sachen Kulturregion. Ist der von der SPD als Innenminister gewünschte Jürgen Walter nicht wesentlich konsequenter als Sie, indem er die Auflösung der Kreise und stattdessen die Schaffung eines großen Regionalkreises Rhein-Main fordert?
Koch: Sozialisten haben immer eine gewisse innere Liebe zum Zentralismus und insofern ist dieser Gedanke der SPD nicht so fern. Ich komme ja aus dieser Region, deshalb habe ich hier ein ganzes Leben mit Fragen wie dieser selbst verbracht. Jeder, der in Hanau lebt, im Main-Kinzig-Kreis, in Offenbach, im Landkreis Darmstadt-Dieburg oder in Eppstein im Taunus muss sich überlegen, was die Realisierung dieser Idee bedeuten würde. Was ein solcher nicht mehr zu überblickender Mammutkreis für den Einzelnen vor Ort bedeutet. Wenn Kreistagsabgeordnete über Schulen oder andere Einrichtungen in Ortschaften abstimmen, die sie ihr Leben lang noch nie betreten haben. Ich halte den Vorschlag von Herrn Walter für grundfalsch und habe auch mit einem gewissen Humor inzwischen gesehen, dass selbst der SPD-Landratskandidat im Wetteraukreis, in dem Herr Walter SPD-Landtagsabgeordneter ist, der Meinung ist, dass das vielleicht keine so wahnsinnig gute Idee gewesen ist.
KRAFTWERK STAUDINGER
Hanauer Anzeiger: Noch ein Stück Regionalpolitik, die inzwischen auch die Landespolitik beschäftigt: Ihre doch sehr überraschende und kurzfristige Entscheidung zum Raumordnungsverfahren in Sachen Ausbau Staudinger hat für einiges Aufsehen gesorgt. Immerhin gelten Sie nicht gerade als Gegner konventioneller Energietechniken. Ging es vor allem darum, dass sie so kurz vor der Landtagswahl die Kuh erst mal vom Eis haben wollten?
Koch: Fakt ist: Wir haben hier einige Diskussionen auch deshalb, weil ein zweites Bundesland an dieser Frage beteiligt ist. Diese Diskussionen können in einem rein emissionsschutzrechtlichen Verfahren gar nicht berücksichtigt werden. Da geht es schließlich nicht um die Region, sondern um die Anlage. Ich will aber nicht verhehlen, dass zur Verantwortung eines Landespolitikers das Abwägen gehört. Das Abwägen zwischen dem, was an Emissionen und Belastungen entsteht, aber auch dem, was ein Kraftwerk erbringt. Die SPD in Hessen macht Vorschläge, die beiden Kernkraftwerksblöcke in Biblis abzuschalten, weil sie gegen Kernkraft ist, und das Kohlekraftwerk abzuschalten, weil sie gegen Kohlekraft ist. In einer Wahlperiode, also bis zum Jahr 2012. Das bedeutet, dass 90 Prozent der in Hessen derzeit verfügbaren Produktionskapazität für Strom abgeschaltet wird.
Hanauer Anzeiger: Sie vergessen anscheinend die alternativen Energien. Etwa den SPD-Vorschlag der Windräder entlang der Autobahnen.
Koch: Ich halte das mit den Windmühlen für nicht realistisch. Aber selbst, wenn ich das alles als machbar unterstelle, was die SPD sagt, komme ich nicht auf 90 Prozent der Stromerzeugung. Und deshalb streut man den Menschen Sand in die Augen, wenn man an jeder Stelle, wo irgendein Problem auftritt, sagt, wir legen alles still und lösen das Problem dann irgendwie. Man muss stattdessen einen fairen Kompromiss finden und dazu dient auch das Raumordnungsverfahren für Staudinger. Die Beteiligten bei EON müssen hier auch deutlich darlegen, was da Fakt ist. Wie viel Schadstoffausstoß bringt die neue Anlage, weniger oder mehr? Man darf auch die Frage stellen, ob es andere Energieträger gibt, mit denen man Strom produzieren kann. Wobei ich dann aber auch die Frage stelle, ob es wirklich sinnvoll ist, wertvolles Erdgas in der Grundlast zu verfeuern, um Strom zu erzeugen. Aber das muss alles auf den Prüfungstisch, das muss gründlich geprüft werden. Viele Bürger hier in der Region haben mir gesagt: Wir sind durchaus nicht prinzipiell gegen alles, aber wir verlangen ein Verfahren, bei dem wir die Chance haben, dass unsere Interessen berücksichtigt werden können. Und dieses Verfahren will die Landesregierung gewährleisten.
Hanauer Anzeiger: Als Fan von Raumordnungsverfahren sind Sie aber eigentlich nicht bekannt. Gemeinsam mit Ihrem früheren Wirtschaftsminister Posch von der FDP haben Sie ja für eine Beschleunigung oder teilweise Abschaffung dieser Verfahren in bestimmten Fällen plädiert.
Koch: Dass uns die Einleitung des Raumordnungsverfahrens nicht ganz leicht gefallen ist, sieht man daran, dass wir es uns sehr schwer gemacht haben. Ja, wir haben ein Gesetz beschlossen im Hessischen Landtag, das die Zahl der Raumordnungsverfahren oder die Verpflichtung zu Raumordnungsverfahren reduziert. Ich respektiere aber auch, dass etwa unsere bayerischen Kollegen dort einen anderen Ansatz haben. Wir glauben, dass Raumordnungsverfahren oft integriert werden können in andere Planungsentscheidungen. Aber es gibt Fälle, wie hier bei Staudinger, bei denen es Punkte gibt, die man im emissionsrechtlichen Verfahren nicht genauso gut klären kann wie im Raumordnungsverfahren. Das war die Frage, die ich meinen beiden Ministern Dietzel und Riehl gestellt habe und wozu auch erstmals eine Regierungsanhörung stattgefunden hat. Ergebnis: Es gibt mindestens zwei Fragen, die im Emissionsrechtsverfahren nicht geklärt werden, nämlich die länderübergreifende Interessenabwägung und die Frage des Energieträgers. Das ist halt so. Da diese beiden Fragen relevant sind, sind wir von unserem Grundsatz, dass wir nicht mehr an jeder Stelle ein Raumordnungsverfahren machen wollen, abgewichen. Dieses Recht haben wir an verschiedenen Stellen und wir haben beim Staudinger-Verfahren davon Gebrauch gemacht.
Hanauer Anzeiger: Dennoch müssen Sie sich gefallen lassen, dass etwa der HA damals kommentiert hat. Ihre Entscheidung zum Raumordnungsverfahren sei politisch ziemlich clever gewesen.
Koch: Die Alternative wäre vielleicht gewesen, dass man mir vorgeworfen hätte, ich sei stur und würde die Interessen der Bürger nicht berücksichtigen. Dann lasse ich mir von Ihnen lieber vorwerfen, ziemlich clever zu sein.
ABZUG DER US-TRUPPEN
Hanauer Anzeiger: Bleiben wir bei den Themen, die die Region bewegen. Hessen verliert die Amerikaner. Die Region Hanau ist davon am stärksten betroffen, hat den größten Anteil der in Hessen frei werdenden Flächen. Kann das Land der Stadt helfen bei dieser von unserem OB für Hanau als „Jahrhundertaufgabe“ bezeichneten Konversion, also der Umwandlung der bisher militärisch genutzten Flächen?
Koch: Wir können uns nicht in die Einzelplanungen einmischen und nicht mit konkreten Projekten hier reingehen. Allein schon aus Fairness gegenüber den anderen Kommunen, die diese Prozesse hinter sich haben oder noch davon betroffen sind. Fakt ist: Was hier passiert, ist die erfreuliche Folge eines friedlicheren Europas. Das ist doch eigentlich ein schönes Zeichen, dass wir in Deutschland heute doch so viel weniger Truppen stationiert haben als zur Zeit des Kalten Krieges. Früher haben Leute sogar für den Abzug der amerikanischen Truppen demonstriert. Manchmal übrigens die gleichen, die diesen Abzug jetzt bedauern.
Hanauer Anzeiger: Was kann das Land tun?
Koch: Wir wollen, und dabei helfen wir auch, dass bei diesen Veränderungen das Rad nicht immer wieder neu erfunden werden muss. Dazu gibt es vom Land eine sehr intensive Hilfe, nämlich die Konversionsberatung. Wir sind auch bereit, die Experten, die es dafür gibt, mitzufinanzieren. Man sollte auch nicht vergessen, dass die Probleme im engeren und leistungsstarken Rhein-Main-Gebiet besser lösbar sind als in anderen Landesteilen. Ich empfinde es deshalb auch als eine Chance für Hanau und die Region. Hanau ist ein Standort, der jetzt wirklich Chancen hat, aus dieser Veränderung eine positive kommunale Entwicklung zu gestalten. Und ich glaube, dass man da dann auch kommunale Verantwortung nicht aus der Pflicht lassen darf. Ich kenne das noch sehr gut aus den Zeiten der früheren Oberbürgermeisterin Margret Härtel. Natürlich ist das keine leichte Aufgabe. Aber was hier in Hanau im Lamboy und anderen Bereichen geschaffen würde, zeigt doch, dass wirklich etwas erblühen kann aus diesen Entwicklungen.
Hanauer Anzeiger: Die Konversion also mehr Chance als Problem für Hanau?
Koch: Ja, das sehe ich doch in vielen Städten und Gemeinden Hessens, die diese Entwicklung gestaltet haben. Ich denke, dass es eine Chance auch für Hanau ist, die am Ende aber die kommunale Verwaltung nutzen muss. Wir können dafür sorgen, dass diese nicht allein gelassen werden, aber am Ende ist es eine unternehmerische Entscheidung der Kommune. Ich setze auf Wirtschaft, auf Gewerbe, auf Wohnen. Auf die Lösung der Frage: Wie schaffe ich hier interessante Stadtquartiere? Da haben wir in Hessen und da hat auch Hanau in den vergangenen Jahren doch Erfahrungen sammeln und Erfolge vorweisen können.
POLITIK VOR ORT
Hanauer Anzeiger: Das Land ist also bereit zu helfen. Aber aus dem sozialdemokratisch geführten Hanauer Rathaus hört die Landesregierung doch selten freundliche Worte, meistens gibt es satte Kritik. Das sorgt ja nicht gerade für freundschaftliche Stimmung.
Koch: Landesregierung ist keine tagtägliche parteipolitische Veranstaltung, sondern ist natürlich auch ein normales Administrieren zwischen zwei Ebenen. Ich habe Respekt vor der Kommunalpolitik in Hanau. Wir versuchen Hanau höflich und angemessen zu behandeln. Aber wir sind nicht der Ersatz der Kommunalpolitik von Hanau. Und wir dürfen auch nicht diesen Eindruck erwecken. Sonst würden die Bürger ja keinen Sinn darin sehen, auf der anderen Ebene zu wählen. Es muss dort klare, sichtbare Verantwortlichkeit geben. Das gilt auch für diese Konversionsfrage. Ich kann es nicht übernehmen, einen bisher bestehenden Flugplatz zu überplanen oder Wohngebiete zu bauen. Und es ist sicher auch nicht klug, darauf zu hoffen, dass das irgendein Privater von alleine macht. Die Stadtparlamente haben die Verpflichtung zu sagen: So stellen wir uns das vor. Und dann die Verwaltung zu beauftragen, zu gucken, ob Leute, die privat das Geld haben, das bauen wollen. Klugerweise macht man das so, dass man das vorher abklärt, damit man nicht große Pläne macht, die nachher keiner finanzieren will. So ist der Prozess und wir können Rat geben, wie man so was macht, und wir können Geld geben, dass man die richtigen Ratgeber holt. Aber der Rest bleibt vor Ort.
Hanauer Anzeiger: Vor Ort beschäftigt sich die Politik allerdings allzu oft mit sich selbst statt mit Gestaltungsfragen. Oftmals beschäftigt man sich in den einzelnen Parteien sogar noch nicht mal mit dem politischen Gegner, sondern streitet sich vermehrt unter Parteifreunden. Da kann ja auch Ihre Partei ein Lied davon singen. Denken wir nur an die Streitereien in der CDU zum Beispiel in Hanau oder Bruchköbel.
Koch: Eine große Partei lebt auch immer von gewissen Gärungsprozessen, die man nicht ganz steuern kann, schon gar nicht zentral von oben. Bei manchen Dingen kann man sich nur wünschen, dass so was nicht passiert. Aber auch für einen Ministerpräsidenten und Landesvorsitzenden einer Partei gilt leider: Das Leben ist kein Wunschkonzert.
Das Interview führten Robert Göbel und Dieter Schreier.