Ministerpräsident Koch im Interview mit dem Wiesbadener Kurier
In den Koalitionsverhandlungen mit der FDP will die Union die Entlastung der „Leistungsträger“ erreichen. Der CDU-Vize und hessische Ministerpräsident Roland Koch nennt als wichtigstes Ziel die Senkung der „kalten Progression“.
Wiesbadener Kurier: Herr Koch, die Koalitionsverhandlungen gehen in die entscheidende Phase: Wird es am Ende eine große Steuerreform mit Milliardenentlastungen geben?
Roland Koch: Union und FDP, beide Seiten wollen diese Koalition. Wir werden uns auch über die Steuer- und Finanzpolitik im Koalitionsvertrag einigen. Es ist immer leichter, über Entlastungen zu reden als über Einsparungen. Wir können und dürfen die Schuldenbremse nicht außer acht lassen und keine Schulden über die verfassungsrechtliche Grenze hinaus machen. Steuererhöhungen sind definitiv ausgeschlossen. Daher muss es Einsparungen geben, um die notwendigen Gestaltungsmittel zu erhalten. Unser Ziel ist es, die Leistungsträger durch Veränderungen im Steuerrecht zu motivieren.
Wiesbadener Kurier: Wie sollen denn Entlastungen finanziert werden? Wo wird es Einschnitte geben?
Koch: Bevor wir über Steuerentlastungen reden, müssen wir uns Gedanken machen, wie wir mittelfristig 30 Milliarden Euro zusätzliche Schulden abbauen können. Dennoch können Entlastungen am Ende nicht in der Größenordnung des Unsichtbaren bleiben. Das bedeutet, dass wir in den nächsten vier Regierungsjahren rund 50 Milliarden Euro einsparen müssen, wenn wir die Steuerzahler um 20 Milliarden Euro entlasten wollen. Das wird nicht einfach. Da wird jeder Ausgabeposten hinterfragt werden, damit die neue schwarz-gelbe Regierung neue Prioritäten setzen kann. Alle wissen, dass die finanziellen Möglichkeiten begrenzt sind.
Wiesbadener Kurier: Kommt am Ende nur eine kleine erste Stufe der Steuerreform?
Koch: Wir können nicht alles gleichzeitig haben. Bei der Erbschaft- und Unternehmensteuer wird es Korrekturen geben. Außerdem werden wir uns auf einen Schwerpunkt in der Steuerpolitik einigen. Da gibt es noch unterschiedliche Ansichten zwischen Union und FDP. Wir werden jetzt prüfen, welche Wirkungen welche Maßnahmen hätten. Am Wochenende wird dann die große Koalitionsrunde die notwendigen Entscheidungen treffen. Das kann keine Arbeitsgruppe machen, das müssen die Spitzen der Koalition schultern.
Wiesbadener Kurier: Wo liegen die Prioritäten für die Union?
Koch: Für die Union hat die Reduzierung der sogenannten kalten Progression und damit die steuerliche Verbesserung der Situation der Leistungsträger Priorität. Das schließt nicht alle anderen Optionen automatisch aus.
Wiesbadener Kurier: Wird es am Wochenende bereits zu einer Einigung kommen?
Koch: Ich bin ganz sicher, wir werden uns einigen. Wir gehen optimistisch in dieses Wochenende.