Der Hessische Ministerpräsident Roland Koch im Gespräch mit der Sächsischen Zeitung zur Frage der Glaubwürdigkeit eines Versprechens des möglichen SPD-Kanzlerkandidaten Steinmeier, nicht mit der Linkspartei zusammen zu gehen, wenn dieser sich in dieser grundsätzlichen Fragen schon nicht gegen Ypsilanti durchsetzen kann, zur Lage in Hessen sowie zur Bundestagswahl 2009.
Sächsische Zeitung: Herr Ministerpräsident, wie warm ist es bei Ihnen zu Hause?
Roland Koch: Heiß.
Sächsische Zeitung: Und wie warm ist es im Winter?
Koch: Das ist von Raum zu Raum unterschiedlich. Aber es ist so warm, dass man sich darin wohl fühlen kann.
Sächsische Zeitung: Halten Sie den Ratschlag von Berlin Finanzsenator Thilo Sarrazin auch für menschenverachtend, wer zu hohe Heizkosten habe, solle die Heizung ausstellen und sich einen warmen Pullover anziehen?
Koch: Wer wirklich bedürftig ist, hat Anspruch auf Ersatz der angemessenen Heizkosten. Sarrazins Bemerkung führt da ein wenig auf einen Nebenkriegsschauplatz. Politiker müssen aufpassen, dass sie nicht in Symboldiskussionen geraten, die mehr zu Missverständnissen als zu Erhellung führen. Natürlich muss sich jeder anstrengen, auch mit knappen Mitteln auszukommen. So muss er dann auch selbst entscheiden, ob er lieber weniger in den Urlaub fährt, damit er es zu Hause wärmer hat, oder ob er auf das Auto verzichtet, um sich etwas anderes leisten zu können.
Sächsische Zeitung: Was ist denn Ihre Antwort auf die Energiepreisdiskussion? Kann und muss die Politik etwas tun?
Koch: Politik muss – auch wenn’s schwer fällt – den Mut haben, die Grenzen der eigenen Möglichkeiten zu beschreiben. Dazu gehört, dass ein globaler Effekt wie die Verknappung der Energie und die exorbitanten Preisausschläge nicht vom Staat kompensiert werden können. Das bleibt eine Aufgabe, die jeder einzelne mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln lösen muss. Mit einer Verlängerung der Laufzeiten unserer Kernkraftwerke können wir uns allerdings Luft verschaffen.
Sächsische Zeitung: Was wird aus Ihnen, wenn sich Andrea Ypsilanti von der SPD im Herbst zur Ministerpräsidentin Hessens wählen lässt?
Koch: Ich bin ein glücklicher und freier Mensch. Das bleibe ich. Mit Was-wäre-wenn-Diskussionen bin ich ansonsten zurückhaltend.
Sächsische Zeitung: Rechnen Sie damit, dass Frau Ypsilanti doch noch antritt, um sich mit den Stimmen der Linken wählen zu lassen?
Koch: Bei den Irrungen und Wirrungen des Prozesses in der hessischen SPD hat sich meine Prognosefähigkeit erschöpft. Vor der Landtagswahl in Hessen hat Frau Ypsilanti versprochen, dass sie nicht mit der Linkspartei zusammenarbeiten will. Ich sehe, dass sie nun den Termin ihres Landesparteitags in Frage stellt…
Sächsische Zeitung: …auf dem sie sich Mitte September der Rückendeckung ihrer Partei versichern will…
Koch: …um einen neuen Betrugsversuch zu starten – diesmal gegenüber den bayerischen Wählern, die Ende September über einen neuen Landtag entscheiden. Die Verschiebung des Parteitags wird ja von der SPD-Zentrale in Berlin und von der SPD in München deshalb gewünscht, weil man damit rechnet, dass Frau Ypsilanti weiter auf den Wahlbetrug mit der Linken setzt. Und das würde die Glaubwürdigkeit der SPD im Bund und in Bayern weiter untergraben. Wenn man sich sicher wäre, dass die hessische SPD kein Linksbündnis will, würde man Frau Ypsilanti bitten, ihren Landesparteitag möglichst schnell abzuhalten.
Sächsische Zeitung: Glauben Sie denn, dass sich Frau Ypsilanti von den Wünschen ihrer Parteispitze unabhängig machen könnte?
Koch: Auch Frau Ypsilanti weiß, dass sie Steinmeiers Kanzlerkandidatur schon in ihrem Start existenziell beschädigt, wenn sie seinen Wunsch nach Verzicht auf Zusammenarbeit mit der Linken ignoriert. Ein Kanzlerkandidat, der sich in einer so grundsätzlichen Frage nicht durchsetzen kann, wird doch kein Vertrauen bei den Wählern aufbauen können. Das Versprechen, auf keinen Fall mit der Linkspartei zusammen zu gehen, würde ihm niemand mehr abnehmen.
Sächsische Zeitung: Sehen Sie noch Alternativen zur Neuwahl in Hessen?
Koch: Man darf nicht leichtfertig mit dem Instrument von Neuwahlen umgehen. Wir werden deshalb alle Optionen offen halten. Es gibt nach wie vor das Angebot meiner Partei, mit Grünen und Liberalen in Gespräche zu treten. Das müssen wir weiter ausloten.
Sächsische Zeitung: Geht es Ihnen auch darum, die Scharte der Wahlniederlage auszuwetzen?
Koch: Es gibt niemanden, der gerne verliert. Und jeder hofft, zumal nach einem schlechten Wahlergebnis, dass er beim nächsten Mal besser abschneidet. Ich glaube, damit stehe ich nicht allein.
Sächsische Zeitung: Was haben Sie aus dem letzten Wahlkampf gelernt?
Koch: Wir haben inzwischen in der Bildungspolitik gewisse Korrekturen vorgenommen. Unsere Erfolge sind im Wahlkampf untergegangen. Und unser Engagement zur Bekämpfung der Jugendkriminalität ist als kurzfristiges Element der Wahlkampagne missverstanden worden. Das kann man nicht denen vorwerfen, die es missverstanden haben, sondern es bleibt die Verantwortung derer, die missverstanden worden sind.
Sächsische Zeitung: Dass es zu diesem „Missverständnis“ kam, hat doch etwas damit zu tun, dass Sie das Image des kompromisslosen Scharfmachers haben.
Koch: Der Politiker muss beides können. Er muss im Wahlkampf zuspitzen können. Die Wahl ist eine Entweder-oder-Frage, der Wähler hat nur eine Stimme. Gleichzeitig muss man gerade in Regierungsverantwortung die Fähigkeit haben, unterschiedliche Interessen zusammen zu bringen. Oder mit Herrn Steinbrück Kompromisse zu vereinbaren.
Sächsische Zeitung: Welchen Charakter wird der nächste Bundestagswahlkampf haben?
Koch: Der Bundestagswahlkampf wird ein zugespitzter Wahlkampf werden. Beide großen Parteien müssen ein Interesse haben, im nächsten Bundestag nicht wieder zusammenzuarbeiten. Beide Parteien konnten ihr Profil in den vergangen Jahren naturgemäß nicht ausleben. Sie waren zu gegenseitiger Loyalität entschlossen und haben so mehr wichtige Projekte verwirklicht, als die Öffentlichkeit anerkennt. Nun werden beide ihr Profil wieder klar machen. Das wird kein Spaziergang. CDU und SPD sind programmatisch zu weit auseinander, um sich glücklich zu fühlen, wenn sie sich in der Mitte treffen. Trotzdem kann es immer wieder Situationen geben, in denen sie die Pflicht haben, das zu tun.
Sächsische Zeitung: Auch 2009?
Koch: Als verantwortungsvoller Politiker kann man nicht sagen: Wir sprechen mit denen nicht. Eine Große Koalition beinhaltet aber für beide Volksparteien erhebliches Zerstörungspotenzial. Eine klare Richtungsentscheidung ist für Deutschland besser, als wenn beide Volksparteien in ihrer Bindungskraft weiter verlieren.
Sächsische Zeitung: Stichwort Profil der CDU: Angela Merkel wird oft vorgeworfen, sie trage nicht genug dazu bei. Teilen Sie diese Kritik?
Koch: Wo wäre die CDU, inhaltlich, programmatisch und in ihrer Fähigkeit Regierungsverantwortung zu tragen, wenn es nicht gelungen wäre, Angela Merkel 2005 zur Kanzlerin zu machen? Noch nie gab es in Bundesregierung und Ländern soviel Gestaltungsmacht der CDU. Das gehört zur Bilanz der Parteivorsitzenden und Bundeskanzlerin. Die Kanzlerin einer Großen Koalition kann aber nicht gleichzeitig die Speerspitze der Union gegen die SPD sein. Wäre sie das, dann um den Preis, dass man schon jetzt eine Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei herbeizwingt. Diesen Preis müssen wir in der CDU mit fröhlichem Herzen zahlen.
Sächsische Zeitung: Wollen Sie 2009 in den Bundestag gehen?
Koch: Nein.
Das Interview führte Sven Siebert.
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