Ministerpräsident Roland Koch im Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ DIE ZEIT: Herr Koch, Deutschland hat vor wenigen Tagen die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union übernommen. Haben Sie angesichts der ungeheuren ökonomischen Dynamik in Ländern wie China oder Indien manchmal Zweifel, ob Europa in dieser Konkurrenz überhaupt noch mithalten kann? Roland Koch: Man sollte die ungemeine industrielle und technologische Erfahrung, die Kreativität und die soziale Stabilität der modernen europäischen Gesellschaft nicht unterschätzen. Aus diesem Grund freue ich mich über jeden wirtschaftlichen Fortschritt in China oder Indien, denn ich betrachte diese Länder als wachsende Märkte. Wir haben es hier mit Umwälzungen zu tun, an denen ein Kontinent wie Europa teilnehmen und aus denen er durchaus auch Nutzen ziehen kann, sofern er bei sich selbst die Strukturen schafft, um als Partner akzeptiert zu werden. Wenn Europa in wichtigen wirtschaftspolitischen Fragen künftig klarer und mit einer Stimme spricht, wüsste ich nicht, warum uns die globale Dynamik entmutigen sollte. ZEIT: Sie drängen also auf mehr Europäisierung? Koch: Die Vielfalt Europas nach innen, mit einem großen Maß an Dezentralität und Schnelligkeit, muss kombiniert werden mit einem präziseren und einheitlichen Auftreten nach außen. Das ist einer der Gründe, weshalb ich der Auffassung bin, dass die EU aufhören […]