Hessens scheidender Ministerpräsident Roland Koch war immer von Journalisten umstellt – und hat gegen die Medien regiert. Eine Pressebilanz Pünktlich zur Mittagszeit erscheint Roland Koch im Hessischen Landtag zum Gespräch und bittet zunächst um „eins von diesen giftigen, schwarzen Getränken“. Danach greift der Ministerpräsident, der am 21. August von allen Ämtern zurücktreten will, zu Würstchen und Salat. Kochs Schwäche für Cola ist so bekannt wie seine Vorliebe für klare Worte. Welt am Sonntag: Herr Koch, können Sie sich noch an den ersten Artikel erinnern, den Sie über sich lasen? Roland Koch: Nur sehr verschwommen. Er stand sicherlich im „Höchster Kreisblatt“, eine Zeitung in meiner Heimat, für die ich später selbst journalistisch tätig war. Als ich dort 1972 die Junge Union gegründet habe, war das eine Nachricht wert. WamS: Ihr Vater war damals CDU-Landtagsabgeordneter. Schlagzeilen machte seinerzeit, dass eine linke Mehrheit Ihrer Jungen Union die Aufnahme in den Eschborner Stadtjugendring verweigerte. Sie waren 15 Jahre jung und mitten im politischen Kampfgetümmel. Koch: Ja. Damals war der chilenische Präsident Salvador Allende beim Militärputsch ermordet worden. Das war schlimm. Dennoch war ich der Meinung, dass Allende auch nicht gerade zur Verfestigung der Demokratie beigetragen hatte. Das hielten manche im Stadtjugendring für ein Ausschlusskriterium. […]
Koch: „Unter der Behauptung des investigativen Journalismus kommen doch viele Berichte daher, in denen am Ende vor allem manipuliert und Meinung gemacht wird“ Der Hessische Ministerpräsident Roland Koch schreibt seinen Sieg bei der hessischen Landtagswahl 1999 auch den Medien zu. Ohne den Kampf der Medien gegen ihn im Wahlkampf, als er eine Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft initiierte, hätte es seinen Wahlsieg nicht gegeben, sagte Koch gegenüber der „Welt am Sonntag“. Die Journalisten „wollten mich bekämpfen und haben dem Thema damit erst Raum gegeben“. In dem Interview beklagt der CDU-Politiker eine steigende „Boulevardisierung und Skandalisierung“ der Medien. Koch: „Unter der Behauptung des investigativen Journalismus kommen doch viele Berichte daher, in denen am Ende vor allem manipuliert und Meinung gemacht wird.“ Die Politik laufe Gefahr, dem medialen Druck zu schnell nachzugeben. „Wir Politiker müssen aufpassen, dass wir nicht zum Brummkreisel werden“, so der Ministerpräsident. Er sei von vielen Journalisten in seiner Karriere fair behandelt worden, erklärte Koch. Die Zahl jener Journalisten, die „ihre Treue zur Recherche einer politischen Absicht unterordnen“, sei zwar gering, aber auch sie seien in der Lage, Druck auszuüben. Außerdem gebe es leider immer mehr Journalisten, die schon mit ihrer von unzureichender Sachkenntnis getrübten Frage verrieten, „dass es […]