Ein Beitrag von Ministerpräsident Roland Koch im Hamburger Abendblatt Würde es die Gesundheit von Helmut Kohl erlauben, wäre er nicht nur heute – an seinem 80. Geburtstag – ein gefragter Mann. Die Zahl der Festveranstaltungen, öffentlichen Auftritte, Reden und Ehrungen wäre groß gewesen, auch weil dieses ganze Jahr 2010 mit dem zwanzigsten Jahrestag der Wiedervereinigung verbunden ist. Kaum ein Tag, an dem vor zwei Jahrzehnten nicht eine wichtige Entscheidung getroffen wurde. Entscheidungen für die Freiheit aller Deutschen. Ich persönlich weiß von Helmut Kohl, wie gerne er schon im letzten Jahr viele Veranstaltungen zum Mauerfall-Jubiläum besucht hätte. Auch das war leider nicht möglich. Eines wäre bei besserer Gesundheit in diesem Jahr sicher gewesen: Er hätte wie die Jahre zuvor viele Anlässe gesucht, um vor allem mit jungen Leuten ins Gespräch zu kommen, um sie von der Idee der Freiheit zu begeistern. Sein ganzes politisches Wirken – ob in Rheinland-Pfalz als langjähriger Ministerpräsident, als Oppositionsführer in Bonn und schließlich 16 Jahre lang als Bundeskanzler – war mit der Idee der Einheit Deutschlands und der Einigung Europas verbunden. Helmut Kohl zählte zu den führenden Politikern der Bundesrepublik Deutschland, die den Krieg nicht mehr als Soldat an der Front miterleben mussten, aber noch mit […]
Ministerpräsident Roland Koch im Interview mit der Rheinischen Post RP: Helmut Kohl ist Kandidat für den Friedensnobelpreis. Wie begeistert bzw. unbeeindruckt sind Sie? Koch: Ich glaube, dass es eine große Ehre für Helmut Kohl, aber auch für Deutschland ist, dass der Präsident der EU-Kommission den Vorschlag gemacht hat, Helmut Kohl mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen. Der Vorschlag ist angesichts der immensen Leistungen Kohls bei der Einigung Europas und damit für die Sicherheit auch von unseren Kindern und Enkeln, auf dem Kontinent ohne Kriegsrisiko zu leben, wohlbegründet. Er trifft wahrscheinlich nur für wenige andere Friedensnobelpreis-Kandidaten so zu wie für Helmut Kohl. RP: Warum äußert sich die CDU-Bundesvorsitzende Merkel vergleichsweise wenig leidenschaftlich? Koch: Die Deutschen sind gut beraten, jetzt keine Kampagne zu starten, als gebe es einen Anspruch Deutschlands oder Helmut Kohls als Person auf diese höchste Auszeichnung. RP: Warum ist die selbst ernannte Steuersenkungspartei CDU gegen Steuersenkungen? Koch: Wir dürfen keine Latten auflegen, die wir nicht überspringen können. Wir haben in den nächsten zwei bis drei Jahren genug Probleme, das strukturelle Haushaltsdefizit zu beseitigen und gleichzeitig die Herausforderungen, die es von Verteidigung bis Betreuung gibt, zu finanzieren. Es gibt Bereiche, in denen der Staat chronisch unterfinanziert ist. RP: Also, die Steuern bleiben […]