Opel unter Druck – und Roland Koch kann nicht mehr helfen
Im Abgasskandal steht jetzt auch Opel unter Druck. Es geht um Abgasmanipulationen und einen Rückruf. Bis vor Kurzem stand Ex-Ministerpräsident Roland Koch dem Rüsselsheimer Autobauer noch zur Seite – doch das ist vorbei.
Der Abgasskandal holt auch Opel ein. Anfang der Woche durchsuchten Staatsanwälte die Standorte Rüsselsheim und Kaiserlautern auf der Suche nach Beweismaterial. Der Verdacht: Opel soll bei der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen manipuliert haben. Am Freitag ordnete dann das Kraftfahrtbundesamt ganz offiziell den Rückruf von fast 100.000 Autos an.
Der Verdacht der Manipulationen ist nicht neu. Doch bisher kam Opel immer davon, auch dank Roland Koch.
Im Mai 2016 stand Opel schon einmal das Wasser bis zum Hals. Das ARD-Magazin Monitor, der Spiegel und die Deutsche Umwelthilfe hatten die Motorsoftware von Opel-Dieselautos prüfen lassen. Ergebnis: Beim Zafira Tourer funktionierte die Abgasreinigung nur eingeschränkt. Der Schummel-Verdacht stand im Raum. Auf dem Spiegel-Titel prangte der Opel-Blitz mit der Überschrift: „Die Diesellüge“.
„Koch war jeden Cent wert“
Der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) reagierte und bestellte den Opel-Chef ein, damals noch Karl-Thomas Neumann. Der kam nicht allein. Überraschend hatte er Roland Koch an seiner Seite – als Rechtsanwalt hatte er die Vertretung von Opel übernommen.
Der frühere hessische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Vorsitzende machte seine Sache offenbar gut. Beamte, die beim Treffen im Ministerium dabei waren, sollen vom Auftritt des Polit-Profis tief beeindruckt gewesen sein. Er wisse nicht, wie viel Honorar Koch von Opel kassiert habe, aber Koch sei jeden Cent wert gewesen, wird ein Beamter zitiert.
Erst mal keine Rückrufe – Job erledigt
Obwohl auch der Sachverständige der Regierung, der Münchner Motor-Professor Georg Wachtmeister, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abgassysteme bei Opel hatte, kam der Autobauer mit einem freiwilligen Update der Motorsoftware davon. Keine angeordneten Rückrufe wie bei VW – und keine Betrugsermittlungen.
Koch äußert sich nicht öffentlich zu seiner Rolle als Opel-Anwalt. Nur so viel: Er habe das Mandat – anders als zuletzt in der Zeitung zu lesen war – mit der Übernahme von Opel durch den französischen PSA-Konzern niedergelegt. Opel schien glimpflich davon gekommen – und Kochs Job erledigt.
Erst „Industriefreundlicher Gruß“ aus dem Bundesamt…
Auch ein anderer Politik-Profi quittierte Anfang 2017 den Dienst bei Opel: Joachim Koschnicke – in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, im politischen Berlin dafür umso besser. Koschnicke war vier Jahre lang als Chef-Lobbyist für Opel tätig, davor und danach in der CDU-Parteizentrale. 2017 half er Angela Merkel als Strategieplaner im Bundestagswahlkampf.
Im Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestags wurde bekannt, wie Koschnicke an höchster Stelle Einfluss nahm. Das Unternehmen wollte verhindern, dass seine Autos in einem Bericht des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) als „manipulierte Fahrzeuge“ bezeichnet werden. Die Schreiben an den Behördenleiter zeigten Wirkung: Der wies seine Mitarbeiter per Mail an, mehr Verständnis für den Hersteller zu zeigen, und schloss mit „industriefreundlichem Gruß“.
… jetzt Anzeige gegen Opel
Im KBA-Bericht war danach von Manipulation und Gesetzesverstößen bei Opel keine Rede mehr. Auch der Lobbykritische Verein Lobby Control bescheinigt Koschnicke, für Opel sehr effektiv gearbeitet zu haben. Der Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer von den Grünen kam sogar zu dem Schluss: Nicht das KBA habe Opel und Koschnicke kontrolliert, sondern umgekehrt.
Koch und Koschnicke sind weg, und die Zeit der industriefreundlichen Grüße scheint für Opel vorbei. Der aktuelle Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) schlägt andere Töne an. Vor wenigen Tagen twitterte er, Opel habe verschleppt – und zwar sowohl die versprochenen Software-Updates als auch die Aufklärung der Vorwürfe. Schlimmer noch: Das KBA hat Opel angezeigt und nun einen amtlichen Rückruf von drei Modellen angeordnet.
Der Ton wird schärfer
Auch Opel selbst ist mittlerweile zu einer anderen Form von Kommunikation übergegangen. Fehlte sonst in keiner Pressemitteilung der Satz, dass man vollumfänglich mit den Behörden kooperiere, so hieß es zuletzt: Sollte das KBA Maßnahmen gegen Opel ergreifen, werde das Unternehmen sich dagegen rechtlich zur Wehr setzen.
Das ist eine Drohung, die früher allenfalls hinter verschlossenen Türen oder in vertraulichen Mails gefallen wäre. Aber ein Roland Koch, der jetzt noch hätte vermitteln können, steht nicht mehr in Opels Diensten.