Was Roland Koch der Jungen Union zu sagen hat
Viele frühere Mitglieder der Jungen Union (JU) im Main-Taunus-Kreis haben als CDU-Politiker Karriere gemacht. Nun kamen sie gerne in den Kreis derer, die inzwischen in der Nachwuchsorganisation das Sagen haben. Was konnten sie den jungen Politikern mit auf den Weg geben?
Main-Taunus.
Rund 450 Mitglieder zwischen 14 und 35 Jahren bestimmen zurzeit die Geschicke der Jungen Union Main-Taunus, die es inzwischen seit 70 Jahren gibt. 1987 wurde im MTK mit dem „Bad Sodener Entwurf“ das Grundsatzprogramm der Jungen Union Deutschlands erarbeitet. Jetzt wurde in Liederbach das Jubiläum gefeiert – mit zahlreichen Altvorderen.
Frederic Schneider, Kreisvorsitzender der betonte: „Die Junge Union Main-Taunus trägt Verantwortung.“ Es sei heute wichtiger denn je, dass die JU in ihrer Mutterpartei frische Ideen einbringe. Nicht zuletzt schätzt Schneider allerdings den Zusammenhalt innerhalb der Organisation: „Das gemeinsame Interesse an der Politik, das in viele Aktionen und Veranstaltungen mündet, schweißt zusammen. Nach der Jungen Union sieht man sich spätestens in der CDU wieder.“ So sei es kein Zufall, dass viele Talente aus der JU ihren Weg in bedeutende Funktionen innerhalb der CDU fanden: „Zuvorderst unser langjähriger Ministerpräsident Roland Koch, der einst mit Weggefährten die Junge Union in Eschborn gründete und aufbaute.“
Staatsminister Axel Wintermeyer wies in seinem Grußwort auf die Notwendigkeit hin, junge Leute in die Politik reinzuholen. Gemeinsam mit einem Scheck für den nächsten Stammtisch gab dem „Nachwuchs“ auf den Weg: „Ihr seid unsere Zukunft!“
Da widersprach der Hauptredner des Abends, Roland Koch, nicht. „Politik ist ein faszinierender Teil meines Lebens, aber Politik ist nicht mein Leben“ – so verabschiedete er sich 2010 aus seinem Amt als Hessischer Ministerpräsident. Bereits mit 14 Jahren war er zur Jungen Union gekommen, die er maßgeblich prägte. 1979, gerade mal 21-jährig, wurde er jüngster Vorsitzender eines CDU-Kreisverbandes. „Zwei Jahrzehnte lang war ich immer der Jüngste im Raum. In dieser Position andere zu überzeugen, mir zu folgen, war eine der größten Herausforderungen meines Lebens“, erinnert er sich. „Aus diesen Erfahrungen erwuchs sicherlich auch meine Stärke, Verhandlungen führen und Menschen ohne Gesichtsverlust zu Ergebnissen bringen zu können – beharrlich, aber auch konziliant.“
Interessen aushandeln
Konservativen Haltungen im Sinne von „das haben wir schon immer so gemacht“ trat er früh entgegen. Bereits als Klassensprecher ließ er sich auf Diskussionen mit linken Lehren ein und engagierte sich in der Schülerunion. „Schon in der 7., 8. Klasse stand mein Wunsch, Rechtsanwalt – nicht Jurist – zu werden, fest. So, wie als Schülervertreter, Interessen aushandeln, das wollte ich machen.“ Helmut Kohl wurde auf ihn aufmerksam, „als ich 1979 auf dem Bundesparteitag der CDU als Erster – und wohl auch Letzter – eine Personaldebatte für die Wahl des Bundesvorstands beantragt habe“, erzählt er mit leiser Genugtuung.
Für die Führungsriege der JU hat er zwei Botschaften: „Karrieren verlaufen nie gerade und geplant, sondern beinhalten einen hohen Anteil an Geduld und Zufall. Und: Man muss den Willen haben, sich mit dem, was die Sache eigentlich prägt, eingehend zu beschäftigen.“ Allerdings gäbe es immer das große Problem, dass mit Berufs- und einem eventuellen Ortswechsel ganz wenige übrigblieben, die die Kraft haben, das politische Engagement durchzuziehen. Daher mache er sich möglichst transparent, um Wege aufzuzeigen, die er gegangen ist.
Niemals weggegangen ist er aus seiner Heimatstadt Eschborn. Das bezeichnet er als großes Glück. So konnte er „viele verschiedene berufliche Dinge machen, ohne umziehen zu müssen; sicherlich auch ein Privileg der Region!“ Auf den aktuellen Hickhack im Eschborner Rathaus angesprochen, hält er sich zurück: „Die Situation ist nicht richtig erklärbar“.
Mit seiner Zeit als Ministerpräsident ist Koch zufrieden: „Mir hat das Amt und sein Gestaltungspotenzial rund um komplizierteste Entscheidungen jeden Tag Spaß gemacht, da lässt sich kein einzelnes Ereignis hervorheben.“ Selbst die Dauerpräsenz der Sicherheitsleute habe er ertragen: „In jedem Beruf muss man gewisse Rahmenbedingungen akzeptieren, und was diese Mitarbeiter auf eine sehr kluge und professionelle Art leisten, ist ja nicht sinnlos. Aber es gehört ganz klar zu den Verbesserungen des Lebens, wenn man das nicht mehr haben muss.“
Kluge Entscheidung
Nicht mehr haben wollte er irgendwann eben auch das politische Amt. „Das war also ein großer Spaß, die Verwunderung in vielen Gesichtern zu erleben“, freut er sich noch heute über seinen Coup. Für ihn war es eine kluge Entscheidung zur richtigen Zeit in ein anderes berufliches Leben zu wechseln. Nach einem dreijährigen „Intermezzo“ als Vorstandsvorsitzender des deutschen Baukonzerns Bilfinger ist er nun wieder als Anwalt tätig und trägt Verantwortung in Aufsichtsgremien von diversen Unternehmen.
Er wollte nicht mehr Berufspolitiker sein, aber ganz loslassen wollte er auch nicht. So ist er heute Ehrenvorsitzender der hessischen CDU und Vorsitzender des Kuratoriums Rheingau-Musik-Festival sowie Präsident der Kinder- und Jugendstiftung. Gemeinsam mit seiner Frau Anke hat Koch die Deutsche Tuberöse Sklerose Stiftung gegründet, deren Schirmherrschaft sie heute innehaben. „Uns gibt das auch persönlich sehr viel, Menschen, die mit einer solchen Erbkrankheit ein schweres Schicksal tragen, zu unterstützen.“
In seiner Rede bei der JU schwenkt er von launigen Anekdoten hin zu ernsteren Themen. Antworten müsse man finden auf die zentrale Frage, wie eine Gesellschaft die Spannung zwischen Arm und Reich erträgt und worin die Ursachen liegen, dass ein allgemeines Aufbäumen gegen die Etablierten stattfindet. Abschließend noch ein Appell, pfleglich miteinander umzugehen: „Eine Partei, die eine Jugendorganisation hat, ist privilegiert, denn das ist nicht selbstverständlich!“