Ministerpräsident Roland Koch im Interview mit dem Wiesbadener Kurier
Wiesbadener Kurier: Herr Koch, Verwaltungsratssitzung bei General Motors in Detroit: Es gibt Meldungen, dass GM gar keinen Verkauf von Opel mehr plant. Fühlen Sie sich getäuscht?
Roland Koch: Wir haben lange, zum Teil schwierige Gespräche mit GM geführt. Die Zeit ist jetzt reif für eine Entscheidung. Eine noch längere Hängepartie kann man keinem der Beteiligten mehr zumuten. Es gibt einen vollständig ausverhandelten Vertrag zwischen General Motors und Magna und GM kennt die Bedingungen der deutschen Seite, unter denen wir bereit sind, Geld der Steuerzahler für die Rettungsaktion einzusetzen.
Wiesbadener Kurier: Für Bundesregierung und die Opel-Länder bleibt es dabei, dass nur Magna als Investor in Frage kommt?
Koch: Das haben wir klar und verbindlich erklärt. Dabei bleibt es. Es geht dabei nicht um Gunstbezeugungen, sondern um das Konzept: Opel Europa ist gescheitert, weil das Unternehmen aus Amerika falsch geführt wurde. Wenn wir Steuergelder bereitstellen sollen, müssen die europäischen Standorte gesichert werden können und das Unternehmen größere Eigenständigkeit erhalten, um eine gute Zukunft zu haben.
Wiesbadener Kurier: Falls GM Opel nicht verkauft, müssen die bisherigen staatlichen Hilfen zurückgezahlt werden?
Koch: Das ist die vertragliche Grundlage. Die Bürgschaft ist laut Vertrag eine Brücke zur Investorensuche. Diese Brücke endet am 30. November. Wenn es keine Investorensuche gibt, hat sich die Sache erledigt.
Wiesbadener Kurier: Zum Bundestagswahlkampf: Geht Union und FDP am Ende noch die Luft aus?
Koch: Union und FDP haben nach allen Umfragen einen knappen Vorsprung. Die beiden politischen Lager liegen seit vielen Jahren Kopf an Kopf. Die Wahl werden wenige Tausend Stimmen entscheiden – und viele Deutsche werden sich erst in den zwei, drei Tagen vor der Wahl verfestigen. Angesichts der Gefahr einer rot-rot-grünen Mehrheit gilt für diese Wahl mehr denn je: Die CDU wird im Wahlkampf bis zur letzten Stunde kämpfen müssen.
Wiesbadener Kurier: Warum kann die CDU nicht stärker von der anhaltenden SPD-Schwäche profitieren?
Koch: Die SPD hat sich so sehr mit den Linken gemein gemacht, dass sie von ihnen aufgefressen wird. Die Union steht vor der Herausforderung, deutlich zu machen, dass das Land nur mit Angela Merkel und der Union gut aus der Krise kommt. Und wer Angela Merkel will, muss Angela Merkel und die CDU/CSU wählen.
Wiesbadener Kurier: Welche Strategie ist richtig, um am Ende die Nase vorn zu haben?
Koch: Wir finden zurzeit den richtigen Ton. Der Wahlkampf lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. In Zeiten einer solchen Krise geschieht das moderater im Tonfall. Das ist den Sorgen der Menschen angemessen und auch der Rolle Angela Merkels. Sie ist die Regierungschefin. Wir machen doch keinen Wahlkampf aus der Opposition heraus.
Wiesbadener Kurier: Sie haben bei der SPD das Ypsilanti-Gen ausgemacht. Was bedeutet diese Analyse?
Koch: Seit der Hessenwahl ist klar: Die SPD ist eher bereit, ihre machtpolitischen Ziele zu verwirklichen als Festlegungen bezüglich des Koalitionspartners einzuhalten. Das Ypsilanti-Gen ist längst auf die Bundespartei übergesprungen. Wenn es eine Chance für eine linke Regierung im Bund gibt, wird diese linke Regierung gebildet werden. Entweder sofort nach der Bundestagswahl oder nach einer kurzen Schamfrist.
Wiesbadener Kurier: Den Beteuerungen von Herrn Steinmeier, sich nicht mit den Stimmen der Linken zum Bundeskanzler wählen zu lassen, trauen Sie nicht?
Koch: Ich habe Zweifel, dass sie stimmen. Und falls doch: Dann würde die SPD eben Frau Nahles zur Kanzlerin wählen.
Das Interview führte Andreas Herholz.