Koch: „Wir haben deutlich gesagt, wie wir unsere Finanzierungsbedingungen formuliert haben und warum wir Magna für einen richtigen Investor halten.“
Ministerpräsident Roland Koch im Gespräch mit hr1
hr1: Herr Koch, geht es Ihnen irgendwie auch so, dieses ganze Hin und Her in Sachen Opel, wollen Sie’s auch langsam nicht mehr hören, geht’s Ihnen auf die Nerven?
Roland Koch: Ich glaube, dass es niemanden gibt, der sich mit der Materie beschäftigt, und schon gar nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die davon betroffen sind, der nicht wirklich einen tiefen Drang danach hat, dass die Sache zu einem Ende kommt.
Auf der anderen Seite müssen wir auch mit aller Berufserfahrung gucken, dass solche Verhandlungen, indem es um Milliarden geht, und auch um große wirtschaftliche Interessen geht, dass die nie einfach reibungslos beim Bier besprochen werden. Die Entwicklung der letzten Tage war ärgerlich. Wir haben gestern in den Gesprächen, auch mit den Amerikanern, in Berlin einiges bereinigt. Ich denke für uns auf der deutschen Seite, bei Bundesregierung und Landesregierung ist in den Gesprächen mit dem Management gestern klar geworden: Erstens, das Management von General Motors arbeitet weiterhin an dem Verkauf und denkt nicht daran, mit eigenem Geld sozusagen Opel in Europa wieder zu übernehmen oder zu erhalten. Wir haben deutlich gesagt, wie wir unsere Finanzierungsbedingungen formuliert haben und warum wir Magna für einen richtigen Investor halten. Jetzt sprechen die Beteiligten wieder miteinander, damit es zu einer Entscheidung kommt. Das muss in dieser Woche alles geschehen. Es bleibt dabei: Wir haben einen erheblichen Zeitdruck, denn jeden Tag, der dort nicht gehandelt wird gehen Millionen verloren, die Opel braucht, um seine Zukunft zu gestalten.
hr1: Nun haben Sie ja immer dafür plädiert, Opel nicht in die Insolvenz zu schicken, [sondern] dem Unternehmen zu helfen, Arbeitsplätze zu sichern. Wäre es aus der heutigen Sicht, Herr Koch, die bessere Alternative gewesen, Opel doch insolvent gehen zu lassen?
Roland Koch: Zunächst muss man wissen: Wenn Opel im Mai insolvent gegangen wäre, wäre die deutsche Opel nach deutschem Recht insolvent gegangen, die spanische nach spanischem, die englische nach englischem Recht. Das wäre das absolute Ende des europäischen Automobilkonzerns gewesen, überhaupt keine Chance, das zu retten. Es ist extrem lebensgefährlich, ein solches Unternehmen in die Insolvenz zu schicken. Das kann nicht das Ziel sein, und wir haben so viel dafür getan, es zu vermeiden, dass wir alle einig sind, Minister zu Guttenberg hat das gestern Abend ja auch gesagt. Wir sind soweit fortgeschritten, dass wir uns völlig einig darin sind. Wir wollen das vermeiden. Wir hoffen nur, dass unsere Gesprächspartner in Detroit eben auch begreifen, dass das kein Instrument der Erpressung ist. Wir vermeiden die Insolvenz zugunsten der Arbeitsplätze. Aber wir machen unsere Entscheidung davon abhängig, wie wir mitwirken, dass sichergestellt ist, dass daraus ein Unternehmen wird, das mit der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit in der Lage ist, die Bürgschaften nicht wirksam werden zu lassen, das heißt die Kredite, die daraus kommen, zurück zu zahlen. Denn der Steuerzahler soll als Schutzschirm hier mithelfen, aber der Steuerzahler hat am Ende weder ein Interesse noch die Politik eine Absicht zu riskieren, dass Milliarden am Ende dort bezahlt werden müssen.
hr1: Wie ist das eigentlich: Wenn Sie mit den GM-Managern an einem Tisch sitzen, wird da der Ton langsam rauer?
Roland Koch: Der Ton bei Verhandlungen in diesen Größenordnungen, auch von den materiellen Möglichkeiten her, ist prinzipiell unter erwachsenen Menschen freundlich und zivilisiert. Aber er ist unter der Wahrnehmung von Interessen manchmal hart. Wenn ein solches Unternehmen überhaupt nicht zu Potte kommt, dann fragt man sich natürlich, wie viel Unterstützung gibt es noch für so eine Hilfe. Das haben wir den GM-Managern auch gesagt. In einer Demokratie ist es nicht ganz so einfach, so ein schwieriges Projekt zu handeln, und sie sollen deswegen den Bogen nicht überspannen.
hr1: Das Übernahme-Theater um Opel will seinen Schlussakt irgendwie nicht finden. Eine Einschätzung dazu von unserem Ministerpräsidenten Roland Koch. Herr Koch, vielen Dank für’s Gespräch, und einen erfolgreichen Tag!