Koch: „Über den volkswirtschaftlichen Nutzen der Senkung von Steuern und Abgaben kann man sich sicherlich streiten, unbestreitbar aber hat sie psychologisch eine wichtige Bedeutung.“
Ministerpräsident Roland Koch im Handelsblatt-Interview
Handelsblatt: Herr Koch, ist das Konjunkturpaket ein wirksamer Schlag gegen die Wirtschaftskrise?
Roland Koch: Ich bin davon überzeugt, zusammen genommen haben die Elemente die richtige Botschaft und das Paket bietet die richtigen technischen Möglichkeiten. Zudem hat die große Koalition jenseits aller Parteiinteressen gezeigt, dass sie handlungsfähig ist. Das allein ist in der Krise schon ein Wert an sich.
Handelsblatt: Steuern und Abgaben werden zwar gesenkt, beim Bürger kommen aber nur kleine Beträge an. Bringt das für die Konjunktur überhaupt etwas?
Koch: Über den volkswirtschaftlichen Nutzen der Senkung von Steuern und Abgaben kann man sich sicherlich streiten, unbestreitbar aber hat sie psychologisch eine wichtige Bedeutung. Die Koalition zeigt so, dass sie nicht nur zur Unterstützung von Banken und Unternehmen – richtigerweise – Milliarden in die Hand nimmt, sondern in Zeiten wie diesen an die gesamte Bevölkerung denkt. Zu einem Kompromiss und zur Gesamtbalance gehören Steuersenkungen daher dazu. Wichtiger ist mir aber die im Paket enthaltene Unterstützung für Schlüsselindustrien durch die geplanten Investitionen, denken Sie an den Hoch- und Tiefbau, etwa bei der Renovierung von Schulen oder dem Straßenbau.
Handelsblatt: Große Diskussionen gab es um den Rettungsschirm für Unternehmen, vor allem in der Frage, ob es notfalls sogar staatliche Beteiligungen geben soll.
Koch: Es kann bei staatlichen Beteiligungen nur um absolute Ausnahmefälle gehen. Uns geht es darum zu verhindern, dass gute und gesunde Unternehmen wegen fehlender Liquidität in einer Übergangszeit, in der die Banken ihrem Auftrag zur Kreditversorgung nicht nachkommen, dauerhaft beschädigt werden. Andererseits können wir auch nicht mit Steuergeld Unternehmen mit niedrigem Aktienkurs zu Übernahmegeschenken aufpäppeln. Daher ist die Möglichkeit staatlicher Einflussnahme richtig. Ich hoffe aber, dass es zu keinen Übernahmen durch den Staat kommt.
Handelsblatt: Die Abwrackprämie der SPD heißt jetzt Umweltprämie, ist sonst aber gleich geblieben. Bringt sie etwas?
Koch: 60 Prozent der Neuwagen sind Dienstwagen, das zeigt, dass Prognosen über die Wirkung einer Abwrackprämie für eine schnelle Verjüngung des Autoparks schwierig sind. Trotzdem sind Hilfen für die Autoindustrie richtig. Die Automobilbauer werden in den nächsten Wochen noch vor großen Schwierigkeiten stehen, wenn die Absatzzahlen im Export weiter einbrechen. Die Autoindustrie ist eine Schlüsselindustrie in Deutschland. Da kann der Staat nicht einfach sagen, deren Schicksal ist uns egal. Das Konjunkturpaket beinhaltet mit der Umweltprämie nur einen Schritt. Dazu muss jetzt schnelle eine Einigung auf eine auf dem CO-2-Ausstoß basierende KFZ-Steuer kommen. Die Leute brauchen Sicherheit, damit sie nicht die Dummen sind, wenn sie ein Auto kaufen.
Handelsblatt: Die Verschuldung steigt, manche warnen, Deutschland werde schon in diesem Jahr gegen die Kriterien von Maastricht verstoßen. Was bleibt vor diesem Hintergrund vom CDU-Versprechen einer umfassenden Steuerreform für nach der Bundestagswahl?
Koch: Alles, was wir jetzt in diesen Beschlüssen in Steuersenkungen stecken, verringert den Spielraum für eine spätere Steuerreform. Denn Steuersenkungen sind nicht ohne Blick auf die Staatsverschuldung zu planen. Wirksamste Voraussetzung für künftige Steuersenkungen ist daher, dass wir bei der Verschuldung die Maastricht-Kriterien einhalten. Daher müssen wir in der Föderalismusreform II jetzt schnell für eine grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse sorgen.