Koch: „Die Grünen handeln feige“
Ministerpräsident Roland Koch im taz-Interview
taz: Herr Koch, was wird aus Ihnen, falls Sie am Sonntag wieder patzen und es nicht für eine CDU/FDP-Mehrheit reicht?
Roland Koch: Ich habe die Grundregel, mich nicht mit Was-wäre-wenn-Fragen zu beschäftigen. Und ich bin optimistisch, dass CDU und FDP zusammen die Wahl gewinnen und es eine bürgerliche Mehrheit gibt.
taz: Dann können Sie ja den Wahlkampf einstellen.
Koch: Nein, das nicht, ich bin optimistisch, aber nicht übermütig. Das Bild verfestigt sich jedoch Tag für Tag, Umfrage für Umfrage.
taz: Werden Sie es politisch überleben, falls dieses Bild am Sonntag wieder durcheinander gerät? Die SPD will nicht mit Ihnen, die Grünen auch nicht und Sie nicht mit denen.
Koch: Die Grünen haben doch mit der „Ausschließeritis“ wieder angefangen: In einer von mir geführten Regierung wäre kein Platz für Grüne, hieß es.
taz: Erwarten Sie bitte kein Mitleid.
Koch: Die Grünen zielen feige nur auf meine Person ab. Die Grünen haben sich im Sommer für Rot-Rot-Grün und gegen ein Bündnis mit CDU und FDP entschieden. Deshalb gibt es entweder eine bürgerliche Mehrheit mit CDU und FDP oder eine Mehrheit für SPD, Grüne und Linkspartei mit ihrem schon ausgehandelten Koalitionsvertrag. Die Grünen sitzen doch längst in diesem knallroten Gummiboot mit drin, das ihr Chef Al-Wazir noch im Sommer für nicht seetauglich hielt.
taz: Sie haben mehrfach erklärt, aus Ihrer Wahlpleite von 2008 Lehren gezogen zu haben. Was heißt das, wenn wir mal mit Bildung beginnen?
Koch: Die hessische CDU hat in der Bildungspolitik Positionen revidiert. Wir sind Kompromisse eingegangen etwa beim achtjährigen Abitur. Auch neun Jahre sind jetzt wieder möglich. Und wir haben beschlossen, dass die vom Landtag abgeschafften Studiengebühren nicht wieder eingeführt werden.
taz: Und wenn Ihre Traumpartnerin FDP das anders sieht?
Koch: Die FDP hat doch auch einen entsprechenden Parteitagsbeschluss gefasst. Ich kann also Ihnen versichern, dass eine von mir geführte Regierung in der nächsten Legislaturperiode keine Studiengebühren einführt.
taz: In der Energiepolitik setzen Sie weiter auf Atomkraft.
Koch: Kernenergie und erneuerbare Energien sind für mich kein Widerspruch. Die Windkraftnutzung ist sicher eine feine Sache, in Hessen wegen der Windverhältnisse aber leider nur in engen Grenzen umsetzbar. Wir setzen bei den erneuerbaren Energien auf Biomasse und auf Geothermik – und insgesamt auf behutsame Veränderungen. Wer alle Kernkraftwerke abschalten und den Bau neuer Kohlekraftwerke verhindern will, gefährdet den Wirtschaftsstandort Hessen. Der Neubau von Gaskraftwerken ist aktuell auch keine sinnvolle Alternative.
taz: Kurz: Die Reaktoren Biblis Block A und B bleiben am Netz?
Koch: Wenn Kernkraftwerke das Ende ihrer vorgesehenen Laufzeit erreicht haben, sollten sie auch abgeschaltet werden.
taz: Also keine Laufzeitverlängerung mehr für Biblis?
Koch: Die Laufzeiten sollten sich nach technischem Zustand und Sicherheitserfordernissen richten, nicht nach politischen Kriterien.
taz: Nur wenig mehr als 40 Prozent der Hessen wollen Sie noch in der Staatskanzlei sehen. Woran liegts?
Koch: Ich beziehe immer klare Positionen. Das bringt mir hohe Zustimmungsraten in meiner Partei, führt aber auch dazu, dass ich anderswo auf Ablehnung stoße. Wichtiger als hohe Sympathiewerte, die ich natürlich auch gerne hätte, ist mir allerdings die Kompetenz, die mir rund 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger auf fast allen Politikfeldern zugestehen.
taz: Im letzten Wahlkampf haben Sie auf Ressentiments gegen Ausländer gesetzt. Jetzt nehmen Sie sich zurück. Die SPD sagt, Ihre Berater hätten Sie „weichgespült“.
Koch: Das ist der untaugliche Versuch, alles auf einen Personenwahlkampf zu reduzieren. Ich stehe grundsätzlich zu meinen Überzeugungen – auch in diesem Wahlkampf. Aber jede Zeit hat ihre eigenen Themen. Jetzt geht es in erster Linie um Wirtschaftspolitik, um den Kampf um jeden Arbeitsplatz.
taz: Sie sind jetzt eher als Manager der Wirtschaftskrise unterwegs. Aber haben Sie nicht über Jahre Ihre schützende Hand über die zockenden Banker gehalten?
Koch: Es gab immer staatliche Kontrollen des Bankenwesens. Und ich kann Ihnen versichern, dass wir auch in der Krise an den Prinzipien der freien Marktwirtschaft festhalten werden. Das sind Engagements für eine überschaubare Zeit. Von Verstaatlichung, wie sie die Linke fordert, kann überhaupt keine Rede sein. Die Union steht deshalb auch vor keinem Kurswechsel. Dass die Linke in Hessen weder von der Finanzkrise noch von der Schwäche der SPD profitiert, zeigt doch, dass die Menschen nicht auf deren Rezepte aus DDR-Zeiten setzen. Die Menschen haben Vertrauen in uns und unsere handwerklichen Fähigkeiten.