Ministerpräsident Roland Koch im dpa-Gespräch
Hessens Ministerpräsident Roland Koch warnt in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise vor Schwarzmalerei. Er sei optimistisch für eine Erholung in der zweiten Hälfte 2009, sagte Koch der Deutschen Presse-Agentur dpa in Wiesbaden: „Aber das erste Halbjahr wird ökonomisch schwierig, und es wird eine große Herausforderung sein, dass in der Dienstleistungsbranche so viele Arbeitsplätze neu entstehen, wie in der Industrie gefährdet sind. Die Zahl der Menschen, die Sorge um ihren Arbeitsplatz haben, wird leider
Monat für Monat zunehmen.“
Für die bevorstehenden Wahlkämpfe auf Landes- und Bundesebene folgt daraus nach Ansicht Kochs, „dass die Frage von Zutrauen in die Kompetenz und Handlungsfähigkeit im Bereich von Arbeit und Wirtschaft einen sehr viel höheren Stellenwert haben wird.“ Arbeitsplätze würden zum entscheidenden Maßstab, und damit rückten die Flughafen- und Autobahnprojekte ins Zentrum der Auseinandersetzung: „Den Zuwachs bei den Dienstleistungen gibt es nicht dadurch, dass wir uns öfter die Haare schneiden lassen. Sondern dass immer mehr internationale Netzwerke sich auf Frankfurt ausrichten. Wenn wir dies fortsetzen und davon profitieren wollen, brauchen wir den Ausbau des Flughafens.“
„Mein Ziel wird sein, den Leuten ein Stück Hoffnung zu geben“, sagte der Regierungschef: „Ich bilde mir ein, so viel von Wirtschaft zu verstehen, dass ich mithelfen kann, Chancen auf neue Jobs zu schaffen. Was uns im Augenblick widerfährt, ist eine Zwischenphase und kein endgültiges Abgleiten.“ Von der Autoindustrie etwa werde in Deutschland noch mindestens eine Generation gut leben können. Die vergangenen Jahre zeigten, dass kluge Politik etwas bewirke: „Ich glaube, dass wir Vollbeschäftigung zu sehr guten Bedingungen haben können. Wir müssen uns ja nicht für schlechter halten als Dänemark. Wenn man etwas tut, gibt es eine Chance auf bessere Zeiten.“
Koch wehrte sich gegen den SPD-Vorwurf, er habe lange Zeit Prinzipien vertreten, die jetzt gescheitert seien: „Ich war nie ein Marktradikaler. Aber ich glaube, dass Private, wenn man ihnen einen vernünftigen Rahmen setzt, mehr zum Wohlstand für alle beitragen, als wenn staatliche Bürokratien anfangen, Zukunftschancen verteilen zu wollen. Die hessischen Sozialdemokraten, die sich ja weit nach links entwickelt haben, haben sich entschlossen, immer dem Staat zu vertrauen. Das tue ich nicht.“
Der CDU-Politiker verteidigt das Rettungspaket für die deutschen Banken, lehnte aber Interventionen zugunsten anderer Branchen ab: „Banken sind eine Systemfrage, und das sind die restlichen Industrien nicht.“ Ein stabiles Finanzsystem helfe auch bei der Bewältigung der Konjunkturflaute. Das Risiko für den Steuerzahler sei gering. Allein Hessen vergebe im Jahr für rund 300 Millionen Euro Bürgschaften: „Und die durchschnittliche Ausfallrate liegt dank gewissenhafter Begleitung unter zwei Prozent. Wenn es einigermaßen gut läuft, wird der Steuerzahler etwas dafür bekommen, dass er bereit war, die Banken zu schützen. Und das wäre dann auch in Ordnung.“
Trotz der Finanzkrise hält Koch nach eigenen Worten am Ziel eines ausgeglichenen Haushalts fest: „Wir haben immer von Anfang des Jahrzehnts gesprochen, 2011 ist oft genannt worden. Die Anspannung, dieses Ziel zu erreichen, wird größer werden. Ich meine trotzdem, dass wir es nicht aufgeben dürfen.“ Eine Verschiebung um ein Jahr sei nicht ausgeschlossen: „Aber es bleibt immer noch Anfang des Jahrzehnts. Nach meinen Vorstellungen werden wir im kommenden Jahr stärker in mehr Lehrer und mehr Sicherheit investieren – und dies weitgehend mit Einsparungen in der Verwaltung decken.“ Immerhin habe Hessen im Gegensatz zu manchen anderen Bundesländern das Glück, keine notleidende Landesbank unterstützen zu müssen.
Das Gespräch führte Wolfgang Harms, dpa.