Meine Damen und Herren, das ist ein Tag, den – da bin ich sicher, den Sie alle in Erinnerung behalten werden. Ich muss zunächst sagen, ich habe, im 21. Jahr als Mitglied des Hessischen Landtages, großen persönlichen Respekt vor den Abgeordneten, die sich heute erklärt haben. Unabhängig davon, wo man inhaltliche Übereinstimmungen hat oder wo es inhaltliche Differenzen gibt. Ich glaube, wer die Pressekonferenz verfolgt hat, hat erleben können, dass es keinem leicht gefallen ist, eine solche Entscheidung zu treffen.
„Ich wollte nicht mit Rückgrat in die Wahlkabine und ohne heraus gehen.“ Diese Aussage von Frau Everts wird uns heute erhalten bleiben mit Blick auf das, was Abgeordnete ertragen können und wollen. Sie wissen, dass ich in den letzten Wochen immer gesagt habe, dass mir ein Optimismus verbleibt, dass ein Wortbruch gegenüber dem was in einer zentralen Frage, was vor der Wahl gesagt wurde, nicht Bestand haben kann. Das ist jetzt so. Und daraus werden die notwendigen politischen Konsequenzen in den nächsten Tagen gezogen werden müssen. Lassen sie mich als Erstes sagen: die Hessische Landesregierung, für die ich die Verantwortung trage, hat in den letzten Monaten bewiesen, dass mit der Arbeit unter den Bedingungen einer geschäftsführenden Regierung, wie sie unsere Verfassung vorsieht, eine verantwortungsvolle, kontinuierliche und durchaus nach wie vor entscheidungsfreudige Arbeit für Landespolitik möglich ist.
Wir haben uns aus demokratischem Respekt darauf eingestellt, am morgigen Tag dem Landtag die Verantwortung zurückzugeben zur Bestellung einer neuen Regierung. Wir haben es immer auch so getan, dass wir jederzeit in der Lage sind, unsere Arbeit auch fortzusetzen. Und insofern wird es jetzt auch so sein, dass meine Entscheidung von heute einer potenziellen zukünftigen Regierung, etwa das Abstimmungsverhalten des Landes Hessen am kommenden Freitag zu überlassen, dazu führen wird, dass jetzt das Kabinett am Mittwoch eine Kabinettsitzung haben wird und wir unsere Arbeit wieder aufnehmen, so wie es die Bürgerinnen und Bürger erwarten können. Und dies wird für alle anderen Entscheidungen auch gelten. Trotzdem, wenn ich das in einem Zwischending als Ministerpräsident einerseits und Parteivorsitzenden andererseits sagen darf, muss klar, ein solcher Zustand ist für ein Bundesland nicht auf Dauer erträglich. Das Einräumen und das Ausräumen ist nicht nur ein körperlicher Vorgang, sondern er ist ein Vorgang, in dem Initiativen gestoppt, gebremst, ausgesetzt werden, um dann wieder aufgenommen zu werden. Das hat das Land jetzt zweimal in diesem Jahr hinter sich gebracht. Und das kann keine neue, sozusagen ritualisierte Übung werden. Deshalb müssen wir jetzt in einer überschaubaren Zeit die Handlungsfähigkeit als politische Parteien im Landtag finden, zu Lösungen zu kommen. Sonst ist der Landtag eben nicht in der Lage Lösungen zu finden.
Ich rate jedem, daraus keine übereilten Entscheidungen zu machen, also keine Entscheidungen, die binnen 24 Stunden sagen, es muss so oder so gehen. Ich habe Ihnen häufiger in der Vergangenheit auf Ihre Fragen, was denn da passiert, auch mit dem Bild eines Gärungsprozesses geantwortet. Wie einer, der sich gerne mit Weinbau beschäftigt, es ja benutzen darf. Und eine der wichtigen Entwicklungen war diese Frage, ob Frau Kollegin Ypsilanti mit ihrem sehr präzisen Anspruch, in das Amt der Ministerpräsidentin zu kommen, erfolgreich ist oder war, war, was alle Gespräche blockiert hat, die es sonst hätte geben können. Diese Frage ist mit dem heutigen Tage entschieden, und deshalb ist die Frage, welche Gespräche es jetzt gibt. Ich glaube, die Demokraten im Hessischen Landtag, die in den großen Parteien organisiert sind, haben eine Verantwortung, jeder in ihrer Gruppe zu klären, was sie für die künftigen Tage wollen. Wir werden dabei nichts übers Knie brechen und wir wollen mit den demokratischen Parteien sprechen. Aber ich sage auch sehr klar, das sind jetzt Fragen von Tagen und nicht von Monaten, bis eine solche Perspektive für unser Bundesland gefunden sein muss. Ich sehe sehr wohl, mit welchem Nachdruck Bürgerinnen und Bürger sagen, dass sie der Auffassung sind, dass Neuwahlen der richtige Weg wären. Und wenn wir den nicht wählen würden, müssten schnell und gut erklärbar belastbare Erklärungen für die Regierungstätigkeit kommen. Aber die müssen ausprobiert werden. Und die Gespräche sind heute anders, als sie gestern möglich gewesen wären. Ich glaube Parteien, Fraktionen und Abgeordnete wären ganz schlecht beraten, wenn sie das ignorieren würden, an einer solchen Fragestellung einfach vorbei zu gehen. Ich glaube, dass natürlich auch mit diesem Tag einige wichtige Fragen durchaus entschieden sind, die politisch nicht mehr zur Disposition stehen. Die Verkehrsinfrastruktur, die Frage des Frankfurter Flughafens, aber auch die des Flughafens Kassel-Calden sind solche Fragen, in denen die politische Entwicklung dieser Tage Fakten gesetzt hat, die jedenfalls aus meiner Sicht an allem, was in Zukunft geschehen würde oder geschehen muss, zu berücksichtigen sind. Noch einmal, in diesem schmalen Fenster, das ich sehe, muss mit den Parteien gesprochen werden.
Das Land Hessen ist ein sehr, sehr starkes Land und es hat im letzten halben Jahr bewiesen, selbst in schwierigen Zeiten von Krisen, haben wir uns gut darstellen können. Und ich stehe dafür, dass es in den nächsten Tagen und Wochen der Fall ist. Aber ich stehe auch dafür, dass wir diesen Prozess nun zu einem Punkt bringen müssen, bei dem der Bürger weiß, woran er ist, oder der Bürger weiß, was er zu entscheiden hat. Und darum werden wir uns auch in den nächsten Tagen und Stunden kümmern. Dass das keine einfachen Zeiten sind, sowohl für die Beteiligten, sowohl für diejenigen, die heute viele von ihren Hoffnungen und Träumen verloren haben und diejenigen, die in diesem Tag neue Herausforderungen sehen. Und das ist selbstverständlich, und Politik hat die Aufgabe, sich dem zu stellen. Es ist ein historischer Tag für unser Bundesland. Es ist ein Tag, bei dem sicherlich dafür Verständnis besteht, dass ich über die grundsätzliche Entscheidung nicht traurig bin. Aber ich versuche auch zu sagen, es ist ein Tag, der nichts für Freudentaumel oder Häme ist, sondern es ist ein Tag, an dem eine politische Richtungsentscheidung getroffen worden ist, die unser Land lange prägen wird und die wir jetzt mit Geduld, vielleicht auch mit ein wenig Demut und der Fähigkeit Entscheidungen zu treffen, begleiten müssen. Ich tue das auch nach wie vor in dem Bewusstsein, dass vieles, was in den letzten Wochen geschehen ist, weil das Ergebnis meiner Partei und was damit zusammenhing, nicht so war, wie wir es uns gewünscht hätten. Und wir deshalb wissen und auch ich weiß, dass es notwendig ist zu zeigen, dass wir, was Bürger uns gesagt haben, gelernt haben. Und wir nicht einfach glauben können auf alte zurückzukommen.
Das ist die Grundlage, die die hessische CDU und auch ich persönlich für unsere Arbeit benutzen werden. Und ich denke, die hessische CDU wird in meiner Verantwortung und unter einer Führung das Notwendige tun, um sicherzustellen, dass Hessen auf Dauer gut regiert werden kann.