Koch: „Unsere Türen stehen für Gespräche immer noch offen“
Ministerpräsident Roland Koch im HNA-Interview
HNA: SPD, Grüne und Linke scheinen entschlossen, Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin wählen zu wollen. Wagen Sie einen Tipp, wer in Hessen zu Weihnachten regiert?
Roland Koch: Frau Ypsilanti ist mit dem Versuch im März schon einmal gescheitert. Und weil eine solche Regierung schlecht für das Land Hessen wäre, bin ich mir keineswegs sicher, dass es sie jemals geben wird.
HNA: Müssten Sie in dieser Phase nicht mit neuen Gesprächsangeboten auf SPD und/oder die Grüne zugehen, um sie von einem Unternehmen abzuhalten, dass Sie für gefährlich für das Land halten?
Koch: Zunächst einmal muss ich akzeptieren, dass Parteien, die sich auf Parteitagen auf Gespräche verständigen, jetzt austesten, was sie zusammen vereinbaren können. Aber unsere Türen stehen für Gespräche immer noch offen. Wir haben gleich nach der Wahl mit den Sozialdemokraten gesprochen, aber am Ende feststellen müssen, dass Hessens SPD eine Politik betrieben hat, die es in der deutschen Geschichte noch nicht gegeben hat. Sie hat per Parteitagsbeschluss mutwillig alle Kontakte zur CDU abgebrochen.
HNA: Angesichts der Vorgeschichte ist ja auch denkbar, dass Frau Ypsilanti in geheimer Abstimmung scheitert: Ist dann der Zeitpunkt gekommen, ernsthaft Neuwahlen anzustreben?
Koch: Sollte es jemals zu einer Abstimmung über Frau Ypsilanti kommen und sie dabei scheitern, wird es sicher zunächst eine Phase geben, in der geprüft wird, ob es andere Konstellationen zur Regierungsbildung geben kann. Aber dieser zeitliche Korridor wird nicht sehr lang sein.
HNA: Was erwarten Sie von Frau Ypsilanti, wenn sie dennoch Ministerpräsidentin wird?
Koch: Dazu drei Punkte. Erstens: Alles, was die Sozialdemokraten den Wählern im Bereich der Infrastruktur – etwa beim Thema Frankfurter Flughafen oder beim Ausbau des Flughafens Kassel-Calden oder bei großen Verkehrsprojekten – versprochen haben, würden unter dieser Dreier-Konstellation nicht umgesetzt werden können.
Zweitens: Die Linkspartei würde in der Realität eine Art Vetofunktion in der Landespolitik bekommen. Das Ziel etwa, bis 2011 einen Landeshaushalt ohne neue Schulden zu erreichen, ist dann völlig ausgeschlossen. Vielmehr werden die drei Parteien das Land in eine neue, dramatische Schuldensituation führen.
HNA: Und drittens?
Koch: Die Linkspartei ist keine zuverlässige demokratische Partei. Sie arbeitet mit extremistischen, verfassungsfeindlichen Gruppen wie der Gefangenenhilfsorganiation Rote Hilfe zusammen. Da lauern Gefahren, die weit über die zu kritisierende Sachpolitik hinausgeht.
HNA: Die CSU ruft bereits zu einem Kreuzzug gegen die Linke auf, spricht von einem Dämon in der Politik. Soll das ernsthaft die Stil künftiger Auseinandersetzungen sein?
Koch: Ich brauche solche historischen Abwandlungen nicht. Aber die Tatsache, dass wir auch einen Kampf um die Zukunft unserer wohlhabenden, freiheitlichen Gesellschaft und unseres Rechtsstaates erleben, sollte nicht unterschlagen werden. Die Linke hat ihre Wurzel in der DDR-Diktatur unter der SED. So eine Partei brauchen wir in einem modernen Deutschland nicht.
HNA: Nun zeigt aber etwa die Geschichte der Grünen, dass Parlamente eine Partei sehr viel stärker verändern als umgekehrt eine Partei das Parlament. So regieren die Grünen heute in Hamburg mit der CDU zusammen. Ist ein ähnlicher Weg hin zu einer normalen bürgerlichen Partei nicht ebenso bei der Linken zu erwarten?
Koch: Es gibt prinzipielle Unterschiede, auch im Vergleich zu den Grünen vor 25 Jahren. Denn die Linke besitzt ein Ziel- und Wertesysteme, das mit der demokratischen Kultur in Deutschland nicht in Einklang zu bringen ist. Die Partei betreibt eine Politik, die weit von dem entfernt ist, was wir uns unter Demokraten zumuten sollten. Sie führt Herrn Modrow, der politisch mitverantwortlich war für die Toten an der Mauer und für die Scheinwahlen, als Vorbild und Ehrenvorsitzenden. Das zeigt, dass sie von ihrem Charakter her ungeeignet ist, normal zu werden.
HNA: Einige CDU-Politiker sehen angesichts der Entwicklung in Hessen das Ende der großen Koalition in Berlin. Wäre das auch aus Ihrer Sicht die Konsequenz, sollte es zu einer rot-grünen Minderheitsregierung kommen?
Koch: Die hessischen Angelegenheit sollten in Hessen geführt werden. Aber eines ist klar: Das Vertrauen in die Sozialdemokraten ist durch den Wortbruch von Frau Ypsilanti schwer erschüttert. Deswegen ist die SPD-Bundesführung ja auch so besorgt, ja entsetzt, was die Vorgänge in Hessen angeht. Die Partei verliert ihr gesicht, wenn sie ihre Politik auf Wortbrüche aufbaut.