Koch: „Dieses Gesetz ist handwerklich unzulänglich jenseits eines politischen Streits“
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich möchte bevor wir in die Sommerpause gehen, damit Gelegenheit zu Gespräch und Handlung besteht den Hessischen Landtag doch unterrichten, dass ich mich nach Prüfung nicht in der Lage sehe, das am vergangenen Dienstag hier vom Hessischen Landtag beschlossene Studienbeitragsgesetz zu unterzeichnen. Dies hat keine Gründe, die in der Frage der politisch grundsätzlich unterschiedlichen Auffassungen zwischen der Landesregierung und der Mehrheit des Landtags in diesem Gesetzesverfahren liegen, sondern es hat ausschließlich Gründe darin, dass das Gesetz entgegen den Vorschlägen, die nach den Beratungen der Fraktionen von der Landesregierung gemacht worden waren, ja ein Text verabschiedet worden ist, den niemand ernsthaft wollen kann – in der Sache – und der, wenn er so unterzeichnet würde, zugleich verfassungswidrig wäre, obwohl es ein Punkt ist, über den der Landtag nie gesprochen hat.
Um es zunächst zusammenfassend zu sagen, nach der bisherigen Regelung des Gesetzes, das bisher galt und das nach der Regelung ja ein Teil weiter gelten soll, ab Wintersemester 2007/2008 und dem Sommersemester 2008 auf der einen Seite eine Beitragspflicht für die Studienbeiträge, und auf der anderen Seite einen Anspruch auf die Gewährung eines Studiendarlehens. Durch das jetzt beschlossene Gesetz und die darin enthaltene oder nicht enthaltene Aufhebung der wesentlichen Paragraphen des bisherigen Studienbeitragsgesetzes besteht nun für das Wintersemester 2008 und 2009 kraft Gesetzes die Lage, dass weiter eine Studienbeitragspflicht besteht, es allerdings keinen Darlehensanspruch mehr gibt, und zusätzlich für dieses Semester 08/09 auf Antrag ein Rückzahlungsanspruch für den Studienbeitrag besteht. Ab dem Sommersemester 2009 besteht dann wieder nach dem Gesetz die Beitragspflicht, allerdings ohne dass es einen Darlehensanspruch gibt.
Wenn man sich diese Frage anschaut, kommt jeder hier im Raum natürlich auf die Frage, wie es dazu kommen kann? Dazu will ich darauf hinweisen, dass der mit Drucksache 17/15 am 4. April eingebrachte Gesetzesentwurf unter seinen Artikeln einen Artikel 1 mit drei einzelnen Nummern, die Gesetzestechnik zur Vorbereitung enthalten sollten hat, die Ziffer 3 auf die es hier ankommt lautete damals, dem Paragraph 13 Abs. 1 wird folgender Satz angeführt: „Die Paragraphen 1-6 dieses Gesetzes – das war das Studienbeitragsgesetz – finden letztmalig für das Sommersemester 2008 Anwendung und treten am 31.12.2008 außer Kraft““. Soweit so klar. In einer Handreichung der Landesregierung in der eine Reihe von rechtstechnischen und sachlichen Veränderungsvorschlägen gemacht wurden, die Sie zum Teil umgesetzt haben und zum Teil nicht umgesetzt haben, was Ihr gutes Recht ist. In dieser Handreichung, die wir am 23. Mai Ihnen vorgelegt haben, gab es wieder diese Ziffer 3 im Artikel 1, mit unserem Formulierungsvorschlag als Landesregierung der lautete: „„Der Studienbeitrag nach diesem Gesetz wird erstmals für das Wintersemester 2007/2008 und letztmals für das Sommersemester 2008 erhoben.“ Gleiche Regelungswirkung, wie Sie sie in Ihrem ursprünglichen Entwurf hatten, mit einer anderen Formulierung. Der am 27. Mai eingebrachte Änderungsantrag der Fraktion SPD, Bündnis 90/Die Grünen übernahm jedoch in der dort enthaltenen kompletten Neufassung – Sie haben aufgrund des Ratschlags der Landesregierung und auf der Basis Ihres ursprünglichen Entwurfes einen kompletten neu zu beschließenden Text eingebracht. Weder diesen Vorschlag der Landesregierung, noch die ursprüngliche Ziffer 3 des Artikels 1. Und in dieser Fassung, in der das Gesetz beschlossen worden ist, besteht deshalb diese Zahl von Paragraphen 1 bis 6, die es nach Ihren Meinungen zu schließen war und auch nach unserer, bestehen im jetzt von Ihnen beschlossenen Gesetz fort. Das ist ein Mangel, das ist auch Gegenstand der Erörterungen die ich jetzt geführt habe, der auch weitester Auslegung durch den Versuch einer Glättung oder nachträglichen Formulierung in Form der Formulierung der Rechtsmäßigkeitsprüfung einer Staatskanzlei nicht geglättet werden kann. Wir können nicht einfach sagen, es sind versehentlich die entscheidenden Paragraphen, nämlich ob der Studienbeitrag erhoben wird oder nicht erhoben wird, da hat der Gesetzgeber sich geirrt, das korrigieren wir im Verkündungsverfahren. Das ist nicht denkbar. Und deshalb ist dieses Gesetz in seinem Passus für das nächste Semester Unsinn und in seinem Passus für die Regelung ab dem Sommer verfassungswidrig und kann deshalb so nicht verkündet werden.
Nun müssen wir gemeinsam sicherlich in einer solchen Diskussion zwei Dinge auseinanderhalten. Das eine ist – ich bitte schon um Verständnis, es hat ja viele Diskussionen gegeben, wir haben viele Seiten Beratungsvorschläge gemacht – ich betrachte die Landesregierung durchaus als Berater der Fraktion, aber nicht als Gouvernante. Und deshalb müssen am Ende die Fraktionen selbst entscheiden, welche Formulierungen sie nach den Ratschlägen der Landesregierung eigenverantwortlich wählen. Trotzdem besteht auch in einer solchen Situation die Frage, wie wir gemeinsam den Fortgang beraten können und ich möchte dem Hessischen Landtag zwei unterschiedliche Alternativen dazu anbieten, zu denen die Fraktionen sich in einer überschaubaren Zeit, deshalb muss man es heute sagen, weil diese Zeit am Montag nächster Woche endet, in einer Weise verständigen müssen, dass man vernünftig damit umgehen kann. Die Möglichkeit eins ist, ich unterzeichne dieses Gesetz nicht und es beginnt ein neues Gesetzgebungsverfahren mit welchen Fristen Sie das nach der Sommerpause auch immer machen um zu dem gewünschten Ziel zu kommen. Das ist ein langwieriges Verfahren. Und ich will auch hinzufügen, auch diese Frage bedarf dann einer gewissen Gemeinsamkeit der Fraktion wenn man es macht, denn es ist nicht ganz trivial zu fragen, was mit einem nicht unterzeichneten Gesetz eigentlich passiert, und ich finde, solche Diskussionen sollten wir uns für inhaltlich streitige Fragen aufheben, wir haben vorhin gerade durch den letzten Tagesordnungspunkt eine gehabt.
Der zweite Punkt ist, ich kann Ihnen, wenn dies eine Regelung ist mit der das Parlament bereit ist umzugehen, sozusagen anbieten, dass die Hessische Landesregierung von ihrem Recht aus Artikel 119 der Hessischen Verfassung Gebrauch macht und das Gesetz beanstandet. Nach meiner Einschätzung wäre das auch so – auch das will ich sagen – dass wenn der Hessische Landtag dann seine Dritte Lesung, das ist die Folge, in der Plenarsitzung nach der Sommerpause machen würde, das immer noch das gleiche materielle Ergebnis erzielbar wäre, das heißt in dem Sinne einer pragmatischen Verfahrensweise kann man sagen, auch wenn das Gesetz Ende August zustande kommt, werden wir keine Universität nötigen zuvor Beiträge zu erheben. Das geht auch nur im Konsens, weil es gilt bis dahin eben ein Gesetz fort, das eigentlich dazu verpflichtet. Dennoch halte ich es so für lösbar, trotzdem ist ein Akt nicht ohne Bedeutung, es ist denke ich nach langer Zeit das erste Mal, dass ein Gesetz nicht unterzeichnet werden kann. Dieses Gesetz ist handwerklich unzulänglich jenseits eines politischen Streits. Und nur um diese Frage geht es, und deshalb glaube ich dass es richtig ist, dass der Hessische Landtag darüber unterrichtet wird. Jedenfalls in den nächsten Tagen ist die Unterzeichnung des Studienbeitragsgesetzes nicht möglich, weil es in dieser Form nicht unterzeichnungsfähig ist. Vielen Dank.
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