Koch fordert Schuldenlast so zu verteilen, dass kommende Generationen noch Gestaltungsspielraum haben
Ministerpräsident Roland Koch im HNA-Interview
HNA: Sie wollen alle Schulden von Bund und Ländern in einem Tilgungsfonds zusammenlegen und innerhalb von 50 Jahren abbauen. Was ist an diesem Weg besser als an dem bisherigen, eigenverantwortlichen Schuldenabbau der Länder?
Roland Koch: Im Kern geht es darum, einen verbindlichen Schlussstrich zu ziehen und eine Struktur zu schaffen, mit der in Zukunft keine neuen Schulden hinzukommen. Dadurch soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Last der Vergangenheit so zu verteilen, dass kommenden Generationen nicht jeglicher Gestaltungsspielraum abgeschnitten wird.
HNA: Damit Ihr Modell funktioniert, muss ein absolutes Neuverschuldungsgebot eingehalten werden. Das kritisiert nun die SPD, weil es den Ländern die Möglichkeit nehme, zu gestalten, was sagen Sie dazu?
Koch: Für unvorhersehbare Ereignisse – Naturkatastrophen zum Beispiel – werden wir Sondervergünstigungen treffen können. Aber ansonsten darf es keine Ausflüchte geben. Nur ein Verbot ist ein klares Stoppsignal. Bei der so genannten „Schuldenbremse“ besteht die Gefahr, dass man schnell wieder nach Belieben aufs Gaspedal wechselt – und ausgeglichene Haushalte auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden – zum Nachteil künftiger Generationen.
HNA: Was bedeutet Ihr Vorschlag für die reichen Bundesländer wie Hessen?
Koch: Mein Vorschlag würde dazu führen, dass die Geberländer nicht noch einmal belastet werden mit Ausgleichszahlungen, wie wir Hessen sie über den Länderfinanzausgleich schon mehr als genug zahlen. Auch wenn es natürlich Länder gibt, die gerne noch etwas mehr Geld von Hessen hätten.
Ich denke, wir haben in den vergangenen Jahren große Opfer von unseren Mitarbeitern in der Landesverwaltung abverlangt und auch viel Landesvermögen verkauft. Deshalb ist es jetzt unangemessen, den Ländern, die das noch nicht gemacht haben, neue Arten von Unterstützung zu zahlen. Aber gleichwohl gilt: Wir müssen gemeinsam aus der Schuldenfalle raus, das gilt für alle Länder.
HNA: Was bedeutet Ihr Vorschlag für die ärmeren Länder? Müssen diese auf die solidarische Unterstützung verzichten?
Koch: Nein, der Finanzausgleich ist ja ein getrenntes System und er wird grundsätzlich weiter bestehen. Nein, mein Vorschlag ist eine Initiative aus der Sicht eines Geberlandes, die vorsieht, dass wir nicht noch einmal zusätzlich zu den Zahlungen im Länderfinanzausgleich Geld bezahlen müssen. Ich will aber auch, dass die Verschuldungspolitik nicht so weitergeht wie bisher, nur weil sich die Bundesländer nicht über die Wege einigen können, wie wir da rauskommen.
HNA: Damit Ihr Modell funktioniert, muss der Bund mindestens drei Milliarden Euro jährlich zur Finanzierung der Tilgungsraten zuschießen. Gibt es dafür die entsprechenden Mehrheiten?
Koch: Ich glaube, dass der Bund am Ende bereit sein wird, eine Verabredung zu treffen, um im gemeinsamen Interesse unseres Landes einen Durchbruch zu ermöglichen. Das wird zwar sicher erst in den letzten Minuten der Verhandlungen gelingen. Aber von dieser Lösung, die ich vorgeschlagen habe, wird auch der Bund profitieren, weil dadurch Tilgungsleistungen gestreckt werden können, die er im Haushaltsplan einsparen kann. Denn die Bürger bemerken ja gar nicht, dass wir in unseren Haushalten der letzten Jahre die Tilgungsraten von Krediten nicht aus erarbeitetem Geld finanziert haben, sondern immer nur aus neu geliehenem Geld.
Deshalb muss man nicht nur die Haushalte zu einer schwarzen Null bringen, was anspruchsvoll genug ist, übrigens auch in Hessen. Sondern man muss zusätzlich dafür sorgen, dass durch Sparsamkeit und effizienten Geldeinsatz erarbeitet wird, was man zur Tilgung braucht.
HNA: Warum wollen Sie die Gesamtschulden erst im Jahr 2015 von dem Fonds aufnehmen lassen?
Koch: Die Länder brauchen unterschiedlich lang, um die schwarze Null zu erreichen, also keine neuen Schulden mehr im Haushalt zu machen. Die meisten Bundesländer werden dazu sicher bis 2014 oder 2015 brauchen.