Der Hessische Ministerpräsident Roland Koch hat vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) klare Worte zur Lage in Tibet angemahnt. Auch wenn ein Boykott der Olympischen Spiele im Sommer in Peking derzeit nicht angezeigt sei, könne und müsse das IOC die Spiele aber als Plattform nutzen und die chinesische Regierung zum Dialog über die Menschenrechte nötigen. „Ich glaube, dass das IOC sehr viel präziser und deutlicher zu den Dingen Stellung nehmen muss. Es hat alle Möglichkeiten und nutzt sie zu wenig“, erklärte Koch im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Der Sport biete eine „Riesenchance“, den Dialog zwischen einer Bevölkerungsgruppe wie den Tibetern, die verfolgt werden in China, und der chinesischen Regierung herbeizuführen. Auch wenn die Welt der Volksrepublik nicht vorschreiben könne, wie sie mit den Protesten gegen die Lage der Tibeter umzugehen habe, könnten jedoch Dialoge organisiert und Transparenz hergestellt werden.
Nach Kochs Überzeugung hat das IOC auch genug Gewicht, um einen Dialog zu erzwingen. „Ich bin fest überzeugt, dass das Internationale Olympische Komitee eine sehr mächtige Einrichtung ist“, so der CDU-Bundesvize. Überspitzt könnte man sagen, wenn das IOC den Dalai Lama als Ehrengast einladen würde mit der Begründung, es habe das Recht dazu, dann würde sich die chinesische Regierung sehr sorgfältig überlegen, ob es die Eröffnungsfeierlichkeiten gebe oder nicht. Das IOC mache mit der Entscheidung, hinzunehmen, was in Tibet geschehe oder ein Zeichen zu setzen, Weltpolitik.
Der mit dem Dalai Lama befreundete Hessische Regierungschef schätzt die Lage der Tibeter als sehr ernst ein. Von der „Explosion der Verzweiflung“ in Tibet seien die Chinesen offenbar überrascht worden, erklärte Koch bezüglich der harten Reaktion der chinesischen Regierung. Der Schaden für die chinesische Politik sei möglicherweise in einigen Jahren behebbar, die Zerstörung der tibetischen Kultur und tibetischen Religion aber nicht.
Der Ministerpräsident verlangte weiterhin, dass das IOC auf die vertraglich zugesicherte Reisefreiheit von Journalisten in ganz China bestehen solle, wozu aus chinesischer Sicht auch Tibet gehöre. Kein Journalist habe derzeit eine Chance, außerhalb eines Militärkonvois der chinesischen Armee Tibet zu erreichen.