Ministerpräsident Roland Koch im Interview mit der Berliner Zeitung
Berliner Zeitung: Herr Koch, Sie haben den Wahlkampf in Hessen stark polarisiert. Auch auf Bundesebene beschimpfen sich SPD und Union zum Teil recht wüst. Glauben Sie, dass das der Demokratie nützt?
Roland Koch: Ich glaube, dass ich der Demokratie nütze, indem ich sehr zuspitze und Probleme, die die Menschen bedrücken wie die sich häufenden brutalen Gewalttaten jugendlicher Täter, anspreche. Die Wähler müssen sehen, dass sie entscheiden, zu welchem Bahnhof der Zug fährt. Die Parteien können nur die Gleise bauen.
Berliner Zeitung: Ihr Kollege Christian Wulff in Niedersachsen setzt in seinem Wahlkampf eher auf einen präsidialen Stil. Welcher Stil wird sich bei der Bundestagswahl durchsetzen?
Koch: Im Bundestagswahlkampf werden wir polarisieren müssen. Beide Lager werden in etwa gleich groß sein, die Spitzenkandidaten beider Volksparteien werden ernst genommen werden. Eine Situation wie die in Niedersachsen wird man im Bund nicht haben. Es wird eine sehr heftige Auseinandersetzung werden 2009, da darf man sich keine Illusionen machen.
Berliner Zeitung: Und womit will die CDU da punkten? Mit der Inneren Sicherheit, wie Sie es jetzt in Hessen versuchen?
Koch: Das kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so klar festlegen. Sicher ist, dass die CDU in der Wirtschaftspolitik und der Inneren Sicherheit eine hohe Kompetenz hat. Wo es eine Polarisierung geben wird, hängt dann vor allem von den aktuellen Themen ab. Wenn die Bevölkerung an einem Punkt Handlungsbedarf erkennt, müssen die Politiker reagieren, so wie aktuell Handlungsbedarf gegenüber jugendlichen Gewalttätern besteht.
Berliner Zeitung: Wenn es den Vorfall in der Münchner U-Bahn nicht gegeben hätte, hätten Sie die Jugendkriminalität nicht zum Wahlkampfthema gemacht?
Koch: Wir haben lange vor diesem bedrückenden Ereignis geplant, die Innere Sicherheit zum Thema im Wahlkampf zu machen, da wir hier in Hessen sehr erfolgreich sind bei der Verbrechensbekämpfung. Unser Bundesland ist so sicher wie noch nie. Wir haben alleine die Wohnungseinbruchdiebstähle um 46 Prozent reduziert. Tatsache ist aber, dass Themen größere Beachtung in der Öffentlichkeit finden, sobald es Fernsehbilder gibt. Die Bilder der brutalen Gewalt gegen einen Rentner in der Münchner U-Bahn haben ein ganzes Land schockiert. Deswegen sind jetzt auch unsere Forderungen zur Bekämpfung der Jugendkriminalität plötzlich interessant, die wir in der CDU schon seit Jahren vertreten.
Berliner Zeitung: SPD-Fraktionschef Struck vermutet, dass sie sich gefreut haben über den Münchner Vorfall, weil er ihnen ein Wahlkampfthema geliefert hat.
Koch: Man kann sich nicht darüber freuen, wenn andere Menschen Schaden erleiden. Die Vorstellung ist absurd und schlimm.
Das Interview führten Gerald Büchner und Daniela Vates.