Koch: „Ich bin sicher, dass SPD und Grüne keine Hemmungen hätten, gemeinsame Sache mit der Linkspartei zu machen.“
Ministerpräsident Roland Koch im Interview mit der Frankfurter Rundschau
Frankfurter Rundschau: Herr Koch, wollen Sie Unternehmer aus Hessen vertreiben?
Koch: Ganz sicher nicht. Dazu habe ich zu viele hierher geholt.
Frankfurter Rundschau: Windkraft-Unternehmer fühlen sich von Ihnen aber behindert. In Hessen wurde in diesem Jahr kein einziges Windrad in Betrieb genommen.
Koch: Die Windkraft braucht Referenzobjekte für ihre Leistungsfähigkeit auch in Deutschland, weil es ein ausgesprochen interessantes Produkt für Regionen mit starken Winden ist. Es ist aber unangemessen, die hessischen Mittelgebirge mit Windrädern vollzustellen mit 136 Metern Nabenhöhe und 60 Metern Durchmesser.
Frankfurter Rundschau:… und der Arbeitsmarkt-Effekt erneuerbare Energien geht an Hessen vorbei?
Koch: Keineswegs. In diesem Bereich werden in den nächsten fünf Jahren weitere 10 000 Jobs entstehen. Wir wollen den Anteil der regenerativen Energien in überschaubarer Zukunft auf 15 bis 20 Prozent steigern. Das kann man machen, ohne die Landschaft zu zerstören und ohne dass der Strompreis in unermessliche Höhen klettert. Damit müssen die Bürger aber rechnen, wenn die SPD drankommt.
Frankfurter Rundschau: Ihr Jobmotor soll der Frankfurter Flughafen-Ausbau werden, aber können Sie dem überhaupt zustimmen? Sie haben versprochen, dass mit dem Ausbau ein Nachtflugverbot kommt. Danach sieht es nicht aus.
Koch: Die Entscheidung über das Planfeststellungsverfahren hat der Wirtschaftsminister zu treffen, nicht ich. Aber ich persönlich glaube: Wenn man denn über Ausnahmen beim Nachtflugverbot reden kann, ist die Logik des Bundesverwaltungsgerichts anzuwenden. Die sagt: Lärmschutz ist ein außerordentlich hohes Kriterium. Es kann nur überwunden werden, wenn die Volkswirtschaft im Nerv getroffen würde, weil man einen bestimmten Flug nicht zulässt. Das trifft sicherlich auf keinen touristischen Charterflug zu, aber möglicherweise auf den einen oder anderen Frachtflug.
Frankfurter Rundschau: Wäre das kein Wortbruch?
Koch: Man könnte es sich mit einem absoluten Verbot ganz leicht machen. Dann würden die Beteiligten vor Gericht gehen. Die Genehmigung zum Bau der Landebahn würde dort Bestand haben, das Nachtflugverbot würde aufgehoben, weil man die notwendige Abwägung versäumt hätte. Dann stünden wir mit einer Ausbau-Genehmigung da, aus der man das Nachtflugverbot weggeschossen hat. Wie stünde man dann in zwei oder drei Jahren da? Wäre das wirklich der faire Weg?
Frankfurter Rundschau: Ihre Herausforderin Andrea Ypsilanti wünscht sich im Angesicht der Schuldenberge eine Vermögenssteuer. Da könnte doch mancher Unions-Ministerpräsident schwach werden, oder?
Koch: Die Vermögenssteuer ist so ein Fall, wo die außerordentlich linke Politik der hessischen SPD ganz nah bei der Linkspartei ist. Wir wissen aus den Erfahrungen der Vergangenheit, dass eine Vermögensteuer nur zur Befriedigung extrem linker Ideologie dient, aber nicht zur Erhöhung von Einnahmen. Tatsache ist, dass Hessen alleine diese Steuer gar nicht einführen könnte – und der Rest der Republik dazu nicht bereit ist.
Frankfurter Rundschau: Frau Ypsilanti sagt, das Land Hessen könne damit 800 bis 900 Millionen Euro pro Jahr aufbringen. Das ist doch kein Pappenstiel?
Koch: Die Kosten einer Einführung wären viel höher als der Ertrag. Und der Schaden für den Wirtschaftsstandort Deutschland beachtlich. Die Steuerreform und die Abgeltungsteuer wären vergebens.
Frankfurter Rundschau: Sie warnen vor einem Linksbündnis unter Einschluss der „Kommunisten“. Wollen Sie den Bürgern einreden, dass ihnen eine totalitäre Herrschaft droht?
Koch: Wir wollen es nicht übertreiben. Aber ich bin sicher, dass SPD und Grüne keine Hemmungen hätten, gemeinsame Sache mit der Linkspartei zu machen und als Erstes Frau Ypsilanti zur Ministerpräsidenten zu wählen. Und ich rede über eine Politik, die an den Staat glaubt. Über eine Politik, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes ruinieren würde.
Frankfurter Rundschau: Kein Unions-Ministerpräsident ist so lange im Amt wie Sie. Stehen Sie für weitere fünf Jahre als Ministerpräsident zur Wahl?
Koch: Ich möchte fünf Jahre Ministerpräsident bleiben.
Frankfurter Rundschau: Und ein Managergehalt reizt Sie nicht?
Koch: Ich habe viel Geld aufgegeben, als ich mich entschieden habe, Ministerpräsident zu werden. Mit meiner Anwaltskanzlei hätte ich wesentlich mehr verdienen können. Ich bin nicht Politiker geworden, um Geld zu verdienen, sondern weil es mir Spaß macht.
Frankfurter Rundschau: Trotzdem: Ist es angemessen, dass mancher Manager hundertmal so viel verdient wie Sie?
Koch: Wenn man es nüchtern betrachtet, muss man sagen: Die Besoldung für Politiker ist eindeutig nicht angemessen, etwa im Vergleich zu dem, was wir Verwaltungsdirektoren von Kliniken oder Sparkassendirektoren bezahlen. Das ist politisch aber auf überschaubare Zeit nicht zu ändern, und Neid ist mir ohnehin fremd. Und es hat einen Vorteil: Jeder, der die Politik zum Beruf machen will, muss dafür eine sehr gute Motivation haben.
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