Koch: „Deutschland darf politisch nicht erpressbar werden“
Schutz vor Staatsfonds
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters hat sich Hessens Ministerpräsident Roland Koch erneut für eine gesetzliche Schranke zum Schutz deutscher Firmen vor dem Zugriff ausländischer Staatsfonds ausgesprochen.
„Dazu muss sich die große Koalition in der zweiten Jahreshälfte auf eine gemeinsame Linie verständigen“, so der stellvertretende CDU-Vorsitzende und ergänzte: „Dann muss das Außenwirtschaftsgesetz mit Sorgfalt weiter entwickelt werden. Ich glaube, dass die Novelle sehr bald kommen muss.“ Die Arbeitsgruppe der CDU werde im Herbst Vorschläge unterbreiten.
Bei der Konkretisierung seiner Pläne ging Hessens Regierungschef auf Distanz zu den Plänen von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Dieser verfolge einen übertriebenen Ansatz, indem er generell von ausländischem Kapital spräche und damit auch Fonds und Private-Equity-Investitionen meine.
„Was mich beschäftigt, ist, dass Deutschland nicht politisch erpressbar werden darf, dass die deutsche Wirtschaft nicht von politischen Entscheidungen in anderen Staaten abhängig sein darf. Deutschland könnte das bevorzugte Ziel solcher staatsgelenkter Investitionen sein, weil andere Länder gegen solche Entwicklungen Vorkehrungen getroffen haben. Deshalb müssen wir uns in den nächsten Monaten darüber klar werden, was wir tun wollen“, warnte Koch.
Eine Begrenzung des gesetzlichen Schutzes auf bestimmte Branchen, wie von Steinbrück vorgeschlagen, lehnte Koch ab: „Es gibt keine Regelung zum Schutz von Branchen, sondern es gibt eine Regelung zum Schutz Deutschlands vor dem Wirtschaftseinfluss ausländischer Regierungen. Das ist das Ziel.“ Ein von der Bundesregierung einzurichtendes Gremium müsse die Entscheidung im Einzelfall nach eigenem Ermessen treffen. Dabei müsse auch über Schwellenwerte nachgedacht werden. „Wenn es um eine Beteiligung unterhalb der 25-Prozent-Marke geht, ist das etwas anderes als bei einer Mehrheitsübernahme“, erklärte Koch.
Eine Gesetzesnovelle sei auch für die Außenpolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel von Bedeutung. Koch: „Wenn ein Unternehmen wie Gazprom, das unmittelbar der Weisung des russischen Präsidenten untersteht, von der Erdgasquelle bis zum Verteilerhahn in jedem einzelnen Haushalt in Deutschland die gesamte Kontrolle hätte, dann könnte Russland dies auch als Waffe einsetzen. Dann könnte die Bundeskanzlerin nicht mehr so frei mit dem russischen Präsidenten umgehen, wie sie es bisher getan hat.“
Eine Abschottung Deutschlands sei jedoch nicht das Ziel. „Es wäre sehr unklug, wenn wir in Deutschland eine Abwehrhaltung gegen ausländisches Kapital entwickeln würden“, betonte der Ministerpräsident und fügte hinzu: „Es kann sehr viele Bereiche geben, in denen der Staat sagen kann: Das ist im deutschen Interesse vollkommen unbedenklich. Dann wird eine solche Investition selbstverständlich nicht behindert. Aber es muss auch eine Chance geben einzugreifen. Das ist in Deutschland bisher nicht möglich – außer im Rüstungsbereich und bei der Lufthansa.“
Auslöser für die Debatte sind die enormen Devisenreserven, die eine Reihe von aufstrebenden Schwellenländern aufgehäuft haben. So belaufen sich beispielsweise Chinas Devisenreserven auf mittlerweile über 1.200 Milliarden Dollar. China hatte vor kurzem angekündigt 200 Milliarden Dollar seiner Devisenreserven in eine neue staatliche Investmentgesellschaft zu stecken, die das Geld gewinnbringend auf dem internationalen Kapitalmarkt anlegen soll.